Der Hornbrief April 2019
Warm-Ups, Einblasübungen und Funktionsübungen

Der "Noble Ton"  - Teil 1

Hallo allerseits. Heute möchte ich mich mit dem Thema: Einblasübungen, Warm-Ups und Funktionsübungen beschäftigen.

In meinem Hornbrief möchte ich hier ein paar eigene Gedanken aufzeigen, die sich aus der

Sichtweise Jagdhorn versus Waldhorn

ergeben. Diese Übungen kann man für sich allein oder auch in der Gruppe studieren.

Ich möchte gleich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es zu diesem Thema auch sehr gute Literatur gibt.

Prof. Peter Damm.

Tägliche Studien

Man kann das Heftchen für 12 Euro bei Amazon erwerben. Uetz BU 1280.

Daneben gibt es eine ältere Schule von Wilhelm Bruns von der Naturhornakademie. Momentan nur antiquarisch erhältlich.

Schule Hampl/Punto

zum Download hier klicken (67 MB)

PDF gemeinfrei über IMSLP

Schule von Henri Kling

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Kling

 


zum Download: Warming-up_und_Funktionsuebungen.pdf

Man sollte sich aber immer nur ein kleines Pensum vornehmen und dieses aber sehr präzise ausarbeiten. Es geht nicht um simple Bewältigung von Arbeit, sondern um das gezielte Bewusstwerden des Sinns genau dieser einen Übung und damit das Erreichen eines gesetzten (Zwischen-) Ziels, auch wenn sich das (End-) Ziel erst zu einem späteren Zeitpunkt erschließt.

Leider packen die meisten Parforcehornbläser ihr Horn zwischen den Übungsstunden nicht einmal aus, so dass die schönsten Theorien und die tollsten Funktionsübungen  keinen Effekt haben. Das muss aber ein Hormeister erkennen und individuell abgestimmte, kleine, spezifische Hausaufgaben stellen, sonst kommt die Gruppe aufgrund schwacher Einzelleistungen keinen Deut weiter. Also Probleme identifizieren, ansprechen, am besten auf einen Tonträger wie mp3 Recorder aufnehmen und zusammen anhören. Entsprechende Funktionsübung raussuchen und einzeln vorblasen lassen. Wenn das Klima in einer Gruppe stimmt,  und die Gruppe sich auch tatsächlich verbessern will, sollte das auch menschlich kein Problem darstellen.

Nehmen wir das Horn aus dem Koffer, befinden wir uns noch mental in der Welt des C-Dur. Wir haben mit dem Parforcehorn aber ein transponierendes Instrument in Es- Dur, zudem noch ein Bassinstrument bei dem die Tonlage schon von Haus aus eine Oktav tiefer als beim Klavier ist. Das bedeutet, dass der auf dem Horn klingende Ton eine Sexte tiefer ist als der nach Tonleiter gesungene oder auf dem Klavier gespielte Ton

Es ist nicht zu unterschätzen, wie schwierig es ist, „aus dem Kalten heraus“ sofort und richtig einfach mal ein ganz simples g zu blasen

 

Karotte

 

 

 

Das G im Basschlüssel, den sollte man auch kennen

Weicher, runder Anfang  mit „d“ angestoßen, runder Anfang 

schönes Verklingen

Ton nur mit warmen Atem über das Zwerchfell erzeugt:

< doh > keinerlei Zunge

Form: Karotte, Rettich

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Wir müssen uns vorab an unserer geistigen Vorstellung orientieren, dann ist es ganz leicht.

Ich empfehle eine Eselsbrücke, die jeder kennt, bspw. den Anfang oder das Ende des „Fürstenrufs“ oder „Kein schöner Land“ in sich hineinzusummen.

Dann bekommt man schon im Kopf eine Vorstellung der richtigen Tonlage.

Vorübung: „Das immergleiche Ritual“

Noch bevor die Gruppe mit der Probe anfängt, sollte sich jeder Bläser ein paar Minuten mit seinem Horn beschäftigen und einfach ein paar Töne blasen. Töne oberhalb des c2 sollten aber dringlich vermieden werden, auch weil es ziemlich nervt, wenn einzelne Bläser immer wieder gerne demonstrieren,wie toll sie sind und wie weit sie in die Höhe kommen. Wir wollen nur eine gute Lippendurchblutung bekommen und das Horn warmblasen, damit sich nicht so viel Kondenswasser sammelt und gegebenenfalls die Ventile etwas bewegt werden,  eben ein "Warming UP" für Mensch und Material. 

Am Anfang müssen wir Konzentration erreichen. Wir stellen uns hin. Füße etwa schulterbreit auseinander, Knie leicht gebeugt, Schultern runter und Horn gerade.

Man versucht, seinen Körperschwerpunkt nach unten zu erfühlen und Bodenhaftung zu bekommen. Dann sollte man sich seiner Atmung bewusst werden und die Gruppe am besten mit einem Taktschlag anfangen, der dem Ruheherzschlag entspricht. Ich empfehle 76/min.

Das Horn halten wir am besten am Mundrohr nur locker zwischen Zeigefinger und Daumen fixiert. So ist sichergestellt, dass wir nicht pressen und mit einem druckschwachen Ansatz an der Lippe blasen.

Der Gruppenleiter gibt das Signal „Horn Auf“. Und exakt auf das „f“ in "auf" ist dann das Horn oben an der Lippe.

 


Übung E1

Ziel: Konzentration auf Es-Dur, Einzählen und Zusammen anfangen

Die erste Übung ist, einfach eine ganze Note (4 Schläge bis zur nächsten Eins "g") sauber anzublasen und exakt den Ton zu treffen.

Aber schon diese einfache Übung hat einen wichtigen Hintergrund - das richtige Einzählen und das gemeinsame Anfangen (und Beenden).

Es muss ein Credo werden, dieses gemeinsame Anfangen und so lange mit der Gruppe geübt werden, bis es in Fleisch und Blut übergegangen ist. Deswegen steht diese Übung hier an erster Stelle.

Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten:

Einmal auf die Zählzeit Eins, also Volltakt (1), oder mit Auftakt (1a).

Man sollte immer beide Varianten einstudieren.

In der Gruppe ist es von extremer Wichtigkeit, dass alle Bläser genau synchron anfangen und auch beenden.

Das Kommando „Blast an“ halte ich für ein Krebsgeschwür, auch wenn es in vielen Bläsergruppen so gehandhabt wird.

 

Var 1: Volltakt,     Atmen auf 4

Var1a:   mit Auftakt,    Atmen auf 3

 

das g1 im Bass (F-) Schlüssel

 

Der Hornmeister gibt einen (oder zwei Takte) vor. Dadurch kann man abschätzen, wieviel Zeit man zum Atmen hat und wann genau die Eins ist.

Hier ist die erste Disziplin angesagt, dass nicht

jeder Bläser das Tempo annimmt, was er sich in seinen Gedanken vorstellt,

sondern exakt das vom Hornmeister vorgegebene,

auch wenn es mal – ganz bewusst - viel langsamer oder schneller ist   (Vorsicht Falle!)

 

Übung Nr. E1

Übung Nr. E1a

 

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Er könnte auch - etwas verkürzt - erst auf 2,3, 4 (= Atmen!) einzählen und dann auf die "Eins" blasen. Zusätzlich markiert er mit seinem Körper die Eins und evtuell vorher mit einer kleinen Aufwärtsbewegung den Auftakt. Beim Wettbewerb sind ohnedies nur Minimalzeichen erlaubt, deswegen muss die Gruppe auch ohne Dirigat funktionieren.

Man braucht aber den Hornmeister nicht unbedingt sehen. Atmet die Gruppe synchron und konzentriert sich, funktioniert das auch intuitiv ohne Sicht mit dem Anfangen. Probiert es mal und macht einfach das Licht aus, wenn die Gruppenatmung stimmt, klappt das gemeinsame Anfangen auch ohne Sichtkontakt, wie von Zauberhand.

Die Ausführungen muss man sinngemäß auf den ¾ Takt oder 6/8 Takt übertragen.

Übt man allein, empfiehlt sich der Gebrauch eines Metronoms, sei es auch in Form einer App auf dem Smartphone. Man sollte sich zwingen, richtig einzuatmen und exakt dann auf die Eins anzublasen, auch wenn das hier lapidar erscheint und das Metronom vom Musiker nicht sehr geliebt wird.

 

Übung E2:

Ziel : Intonieren und Tonbildung

Der Anstoß ist erstmal sehr weich und waldhornartig oder ganz ohne Zunge, nur Luft, am besten nur ein "doh".

Erst später werden wir andere Arten des Anstoßes einüben.

Die Übung ist prinzipiell ganz einfach, aber es ist schon eine Falle eingebaut, weil ganz einfach die Anweisung ganz genau verstanden und eingehalten werden muss.

VierViertel

Anweisung: Blast bitte vier Vierteltöne g ! Die Übung wird eingezählt wie oben.

Es ist unglaublich, was schon bei dieser simplesten Übung schief gehen kann. Die Gruppe ist derart beschäftigt, das "g" vom Kopf ins Horn zu bringen, dass die einen 5 oder 6 Viertel blasen, die anderen ein e,g oder c treffen oder klanglich völlig daneben liegen, geschweige irgend jemand volle Viertel  bis genau zur Zählzeit 2 bläst.

Die Übung sollte mehrmals wiederholt werden, erst dann tritt in der Regel die nötige Konzentration ein. Es dauert auch ein wenig Zeit, bis alle Töne, auch der erste,  weich und waldhornartig "doh" kommen und die Lippen dem Bläser gehorchen.

Die Viertel erlauben es, unser Gehör auf das Es-Dur zu kalibrieren und regen die Lippendurchblutung an. Man kann schon anfangen zu intonieren d.h. sich in der Tonhöhe an die Gruppe anzupassen.

In dieser Phase halte ich hektisches Rumstellen an den Stimmzügen nach Anweisung der Hornmeisters, wie man das häufig sieht, eher für kontraproduktiv, vielmehr sollte man sich selbst über die Lippenspannung an die Intonation in der Gruppe anpassen und eigenständig, sehr dezent den Stimmzug verstellen. Stimmt die Grundstimmung im Ensemble, ist die Gruppe schon eingeblasen.

 

Motto: Jeder Bläser ist für seine Intonation selbst verantwortlich.

Audacity

 

Ich möchte nun eine Idee von Wilhelm Bruns vorstellen, die ich auf einem seiner Seminare kennengelernt habe und die ich für pädagogisch sehr wertvoll halte.

Man lade sich das Freeware Programm „Audacity“ herunter. Man kann es sehr leicht auf einem Laptop mit Mikrophon installieren, mehr braucht man nicht: https://www.audacity.de

Audacity ist ein Tonstudio zum Aufnehmen, Mischen und für Effekte. Man kann damit wunderbar alles aufnehmen und später in der Gruppe anhören und analysieren, sogar eine CD oder mp3 Dateien erstellen.

Durch die Kombination des Gehörten mit dem visuellen Effekt bekommt man eine ganz klare Vorstellung von dem erstrebten Ton, wollen wir doch den Weg zum "noblen Ton" finden.

 

 

VierVierteGanzel
 

Darstellung von 4 Viertelnoten und einer Ganzen Note mit „Audacity“

Man sieht an der nachfolgenden Illustration, dass ich bei der Aufnahme noch nicht ganz eingeblasen war, die Tonanfänge sind zu knallig (im Detail sieht man ein kleines „Würstel“ am Tonanfang und ein zu steiler Beginn, und die Ganze Note entspannt auch nicht gleichmäßig, sondern bleibt eine Wurst, allerdings ist es auch eine Vierschlagnote.

Die „Würstel“ entstehen durch kleine Aufreißbewegungen der Lippen, wenn sie noch nicht geschmeidig sind, die Steilheit durch den falschen Anstoß „To“ statt „Do“.

Für einen Jagdhornansatz* ist es aber völlig o.k.

* Jagdhornton = "Parforcehornton". Vergleiche unbedingt dazu die Ausführungen dazu im Hornbrief März 2019

"Klangkultur"

Die Idealform eines schönen Tones  in der Vorstellung eines Waldhornisten ist, graphisch betrachtet

„die Karotte“:

Sie hat einen runden, stromlinienförmigen Anfang wie eben das Gemüse, oder gerne  auch "Rettich".

 

Prof Damm schreibt in seinen „Tägliche Studien“ : „Die Konsonanten t und d haben also großen Einfluss auf die Tonansprache. Die nachfolgende Vokalbildung ist jedoch in den verschiedenen Tonlagen/Registern variabel.

Hilfreich sind die Silben da-de-dö-dü-di / ta-te-tö-tu-ti von der Mittellage in die hohe Lage führend, da-do-du  / ta-to-tu für die tiefe Lage. Ähnlich dem Singen mit hellen und dunklen Vokalen! In der Praxis werden sich zwischen t und d und den damit verbundenen Vokalen unzählige, feinste Nuancen des harten, festen und weichen Anstoßes ergeben. Hilfreich ist ein gut artikuliertes (hochdeutsches) Ansprechen solcher Worte: Tu-te, Tau, Tee, Tü-te, Tan-te, Tin-te, Ton-ne, Tan-ne, usw.; Da-tum, Dü-se, Doh-le, Da-me.

Bei langen Tönen oder Legato dem Konsonanten ein gehauchtes h, wie in Doh-le oder Thü-ringen nachfolgen lassen. Wichtig ist, dass diese oder selbst gefundene Worte wirklich deutlich artikuliert werden, unterscheide dabei genau zwischen D und T! Jetzt wirst du bemerken, dass die Zungenspitze beim Sprechen den richtigen Platz, den „Anstoß“punkt findet. Beim Blasen darf sie weder die Zähne noch die Lippen berühren…….Niemals wird ein Ton mit tat oder dap, also konsonant, beendet!!“

 

Übung E3: Kleine Intervalle

Ziel: Doppelaufgabe Töne treffen und dabei genau das Metrum halten.

 

 

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Man kann die Übung binden oder auch anstoßen, wie man will. Der Bogen ist keine Bindung, sondern eine Phrasierung, was bedeutet, dass man die Noten über einen ganzen Atemzug blasen muss.

Diese Übung ist eigentlich ein „Warming-up“, um die Lippen geschmeidig zu machen. Man wird über die kleinen Intervalle „warm mit seinem Instrument“, man „fühlt sich ein“.

Aber die Übung hat es in sich. Erstens muss man sie metronomisch blasen, ganz exakt die Notenwerte und die Pausen einhalten und zweitens gewöhnt man sich am Anfang sehr schnell an die kleinen Terzen und erschrickt sich dann etwas, wenn man die Quarten und Quinten deutlich couragierter, d.h. mit sehr viel mehr Luftstrom blasen muss.

Übung E4: Geschmeidigkeit „Légèreté“ Die Simile Übung

Ziel: Artikulation

Geschmeidigkeit ist eine der wirklich wichtigen Tugenden des Parforcehornblasens. Die Übung besteht aus sogenannten „Arpeggien“, girlandenartigen Anreihungen von Tönen. Sie werden über einen Atemzug geblasen, aber in den Variationen unterschiedlich artikuliert.

"Simile" bedeutet, dass die ganze immer in unterschiedlicher Weise "simile = gleichartig" ausgeführt werden soll.

Diese Artikulationen müssen sehr bewusst ausgeführt werden mit ganz klaren und deutlich hörbaren Unterschieden: gebunden, gestoßen, portato etc.

Die Similia Nr: 6, 7 und 8 sollen détachiert, piquiert bzw als Louré (siehe Ausführungen unten) geblasen werden

Durch die Variation des Anfangstones der Reihe der Tonleiter gewinnt man geradezu spielerisch an Höhe oder Tiefe, ohne sich anstrengen zu müssen.

Man kann auch Töne wie den 7 oder 14 NT bewusst in die Reihe mit aufnehmen.

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{jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Uebung5Simile.mp3"/}

 

Diese Übung ist auch eine gute Übung für den Bass .

Wichtig für den Bassbläser ist das Beherrschen des  Tonumfangs vom Pedal C weg über zwei Oktaven bis zum c2. Diesen Tonumfang hat nur der Bass.

und die Übung natürlich wieder als  Simile ausführen.

Basssimile

 

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Übung E5: Akkord

Ziel: Stimmen

Man beendet das Einblasen mit dem Akkord C (oder auch mal G, den Dominantakkord), jede Stimme entsprechend ihrer Stimmlage.

Der Ton „g1“ passt in beiden Akkorden ist also immer richtig.

Hier kann man noch mit dem Stimmzug nach Anweisung des Hornmeisters oder mit einem Stimmgerät eine Feinjustierung vornehmen,

dann sollte es aber auch gut sein.

Die Justierung erfolgt abhängig vom Stimme auf die jeweilige Note im Akkord bspw. c1  g1  c2  e2  g2.

 

Eigentlich ist nun  das Einblasen beendet, ich habe es sehr bewusst extrem kurz und  prägnant angesetzt, es sollte auch nur maximal  3- 5 Minuten an Zeit einnehmen.

Dann ist Zeit, weitere 5-10 Minuten sich mit definierten Funktionsübungen zu beschäftigen, die man anschließend auch gezielt  in einem Repertoirestück der Gruppe bewußt anwendet und umsetzt.

 

Wenn die Gruppe das Schema stringent einhält,  wird sich  kontinuierlich verbessern!

 

 

 


 

Funktionsübung F1

Der Anstoß, «Attaque du Ton, Parforcehornton, Waldhornton»:

Ziel: Jagdmusikalisch wichtige Grundbegriffe verstehen.

 

 

 

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Diese Übung arbeitet die Variationen  (Simile 6-8) in der Übung Nr. 5 aus.

Sie ist extrem wichtig für das Verstehen der musikalischen Besonderheit von Jagdmusik.

Die hier vorgestellten Begriffe stammen zwar aus der Welt der Trompe de Chasse, gelten aber gleichermassen auch für unser Parforcehorn

.

Diese Abbildung stammt aus einer Trompeschule von V. Corrette

In jüngeren Trompeschulen werden die Begriffe leider immer mehr vermischt. Man kann sie aber auch sehr schlecht beschreiben, die  Unterschiede in Tonbeispielen, von einem Lehrer oder in der Gruppe erarbeiten - es lohnt sich !

Gerade das Louré wird in der späteren Literatur zum Roulé umbenannt. Mit Louré meint man ein verbundenes!  Blasen.  Louré ist die Anstoßart, Roulé heißt die tatsächliche Umsetzung in den Noten.

Das Coulé entspricht exakt dem dem "Legato" also ein gebundenes! Blasen.

Das Détaché entspricht dem Begriff "Staccato", insbesondere wenn man weiss dass auch der Begriff

"Staccato" nicht "kurz", sondern eher "getrennt" bedeutet, also getrenntes! Blasen

 Anstoss1  
Anstoss3a
   Anstoss5

Ein sehr weiches „Doh“ ist der korrekte (Wald)Hornansatz.

Die Form erinnert an einen Rettich mit einem runden Anfang. Das Ende geht auf die Nulllinie zurück.

Piqué ist der wichtigste und korrekte Jagdhornansatz.

Er beginnt steiler (piquiert), geht aber auch auf Null zurück.

Form: Keile, Dreieck

Louré (Roulé): Die Töne verbinden sich, verschmelzen, fließen mehr ineinander.

Nulllinie geht nicht mehr ganz zurück (bleibt hoch).

 

Détaché: Nulllinie, Trennung der Töne, sehr steiler Beginn.

entspricht dem

"Staccato"

Coulé (auch Lié) entspricht

dem "Legato" 

Waldhorn Glockenartig Verbunden Getrennt Gebunden

 

Piqué: kommt vom französischen Wort „piquer“, Stechen, Pieksen, Pikieren. Es beschreibt einen Ton, wie wenn man eine Keramikschüssel, Klangschale oder Glocke anschlägt. Es wird auch "Piquet"  geschrieben. Man beschreibt mit dem Begriff also ein  glockenartig betontes! Blasen

In der französischen Literatur findet man folgende schöne Allegorie: 

Das Piqué wird geboren, erlebt eine kurze, heftige Jugend, blüht im Sommer auf, um auch schon im frühen Herbst wieder zu verblassen und einen sehr frühen Tod zu finden. Der Ton bleibt uns dann aber in Erinnerung. Diese Beschreibung, gerade die des Aufblühens hat etwas mit dem Klangerlebnis zu tun. Der Ton muss anfangs sehr gestützt sein, um auch sofort wieder abphrasiert zu werden. Das Blühen ist beim Piqué ein sehr wichtiges Element.

Louré: Hier ein Beispiel für verbundenes Blasen. Obwohl es sich sehr wie das Original auf der Trompe anhört, das erste mit mehr Vibrato, ist es auf einem Parforcehorn geblasen. Es handelt sich um eine traditionelle Fanfare: "Le Lievre -Der Hase"

 

Hase

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Ausführung:  Trompestil mit Vibrato

 


 

Funktionsübung 2: Unser bläserisches Können als Jagdhornisten beweisen:

Roulé und Rubato heisst: sich letztendlich etwas von den Noten befreien

 

Nota bene: Die Ausführungen gelten zwar prinzpiell für Jagdmusik französischen Ursprungs, auch französische Schweiz, aber sinngemäß eben auch für die deutsche und österreichische Musik

 

Als Jagdhornisten dürfen wir gerade die 6/8 Passagen nicht vertikal und unbeweglich wie einen Gartenzaun blasen, es muß Bewegung nach vorne, also zur Fermate hin, hinein, also bitte nicht so:

 

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Die Bassläufe verbinden sich nach unten bis zur tiefsten Note über die Triolengrenzen hinaus

{jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Rubato.mp3"/}

 

Am besten hört man sich das Hörbeispiel an. Es hat „Drive“, also Bewegung nach vorne, Man spricht daher  von einem "Lauf". Die Noten werden in einer ganzen Phrase (frz. für Satz) geblasen und bekommen somit eine musikalische Aussage. Man kann auch musikalisch eine Frage stellen, eine Antwort geben, einen Einwurf machen. Das nennt man Semantik, die einzelnen Wörter fügen sich zu einem Satz zusammen und enden daher auch mit einem Satzzeichen, einem Punkt, einem Komma, einem Ausrufe- oder einem Fragezeichen.

Drive = Lauf

Phrase = Satz im musikalischen Sinn

Im Lauf  "klebt" nichts, die Phrase wird schnell und flüssig, eben locker, legère spielen.

Aber warum ist das so? Dazu muss ich an dieser Stelle zwei Stilelemente des Jagdhorns und der Trompe de Chasse erklären:

 

  • DriveDas Rubato; Das Wort kommt von „rubare = berauben“. Man betrachte sich die Akzentzeichen in Übung 7 V einmal mit einem Strich, was bedeutet dass sie etwas länger gespielt werden als der eigentliche Notenwert (die Note raubt sich Zeitanteile von einer anderen) und V mit einem Punkt, was bedeutet, dass die Note etwas kürzer als der Notenwert gespielt wird (sie wird beraubt). In der Summe ist das eine Nullnummer, was rhythmisch ja auch korrekt ist.
  • Das Roulé: Die Notenkadenzen durchbrechen die gewohnte Betonung auf 1 und 4 des 6/8 Taktes und verbinden nach unten über 3 bis vier Achtel hinweg bis hin zur tiefsten Note (bis über die Triolengrenzen hinaus)
  • Ich habe versucht das mit dem gestrichelten Bindungbogen  zu verdeutlichen.
  • Und … der Anstoß der Noten ist nun Louré, die Noten bleiben verbunden und verschmelzen miteinander aber ohne dass es ein Legato wird.
  • Verbinden, aber nicht Binden.      

                                                                                         Am Ende die beiden punktierten Viertel „Schwer“ und „Leicht“

 

roule1Ein Roulé besteht somit aus zwei Teilen, einem ersten, harten und verlängerten mit Stützimpuls „Tuu“, das ist quasi ein Piqué, und einen zweiten kürzeren Teil, der entspannter und weicher „Da“ ist. Das Roulé ist also ein Piquet und danach folgendes Louré.

 

 

Funktionsübung F2: Anwendung von Roulé und Rubato im Basslauf.

Ziel: Melodie in den Bass bringen.

Warum stelle ich in meinem Beitrag dieses Stilelement so heraus? Es ist mir ein persönliches Anliegen geworden.

Seitdem ich mich mit Jagdmusik beschäftige, bewundere ich die Leichtigkeit, Lockerheit und Eleganz, mit der die Franzosen ihre Trompe de Chasse blasen. Die deutschen Bläser orientieren sich meist zu sklavisch an ihren Noten, es wirkt häufig verklemmt.

Gerade im Bass ist das  fatal. Die Achtelgruppen im 6/8 -Takt werden gartenzaunartig, vertikal, wie abgehackt geblasen, der Bass kommt meist mit der Geschwindigkeit der Ersten Stimme nicht mit, hängt hinterher und klebt.

Besonders klebrig wird es wenn der 6/8 eine Aufwärtsbewegung zum c2 hat wie in diesem Beispiel. Für viele Bassbläser ist die Höhe des c2 schon ein Problem und so der Ton wird herausgepresst.

Das führt zu dem Effekt, dass diess c2 besonders exponiert und betont wird. Ich beschreibe das in meiner Gruppe  lautmalerisch mit

 "Juchtata" 

 

Gack3 Gack3a

Bei der Aufwärtsbewegung der Triole zum c2 (roter Kreis) wird häufig das c2 zu stark gepresst und mit hartem"tt" abgeschlossen.

Weitaus besser ist es, das c2  als Roulé zu gestalten und das g1 (gelber Kreis) weich anzuschließen 

 

 

gack {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Gack1.mp3"/}
Gack2

{jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Gack2.mp3"/}

Wenden wir aber Roulé und Rubato an, ändert sich das sofort.

Der Bass-lauf ist nun elegant, schnell und bekommt eine

eigene Melodie, die ihn von der Dominanz der ersten Stimme freistellt 

 

 

So macht Bass Spaß:

Die meisten meiner Kollegen, obwohl anfänglich mehr als skeptisch, nehmen das immer mehr an. Schon nach kurzer Zeit sind sie begeistert und können sich ihren alten Stil gar nicht mehr vorstellen. Man bläst einen melodischen Bass und das ist ein erheblicher Fortschritt in der Musikalität.

 

 

 

 

Tonbeispiel Bassübung (aus Wilhelm Bruns Schule):

a) notengerecht,

{jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Bass1.mp3"/}

b) als Roulé ausgeführt {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Bass3.mp3"/}

Wenden wir unser Wissen nun mal an und betrachten folgende Notenzeile:

   

Prinzipiell kann man das genauso spielen,

wie es dasteht, aber dann ist es keine Jagdmusik.

Mit den Stilelementen Rubato und Roulé hört es sich schon ganz anders,

viel flüssiger und jagdlicher an, man könnte es etwa wie folgt notieren.

   {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Bass4.mp3"/}

 

Als letztes Beispiel eine Passage aus der "Fanfare Du Bois" von Charles Pont. 

Roulé und Rubato sind perfekt sowohl im Basslauf, wie auch in der ersten Stimme abgestimmt.

 

Ictayaut5h möchte auf  dieses Zeichen in der ersten Stimme hinweisen, ein sogenanntes Tayaut. 

Es soll aber erst an späterer Stelle, in einem anderen Hornbrief besprochen werden

Das Tayaut gilt als Kernelement der französischen Stylistik, tut aber erst mal an dieser Stelle nichts zur Sache 

 

 {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_DEBOIS.mp3"/}

 

 DeBois2Fanfare du Bois

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Den Basslauf möchte ich in diesem Hornbrief nicht vorspielen, es vielmehr als Hausaufgabe lassen. Die Hilfszeichen sind ja schon in rot eingemalt.

Wenn man will, kann man ihn ja mit seinem eigenen  Instrument zum Tonbeispiel blasen und schauen wie man klarkommt.

 

Hiermit möchte ich meine Erläuterungen erst mal bewenden lassen, Teil 2 meiner Ausführungen werden in einem neuen Hornbrief folgen.

Wir werden dann einige neue Funktionsübungen besprechen, wie man Höhe oder Tiefe erreicht, wie man stopft oder auch über Dynamik sprechen.

So long

Dr Parforce  (Dr Peter Neu)

 

 

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