Das sogenannte "Stopfen" beim Parforcehorn
Bei der Parforcehornmusik wird immer wieder von der Technik des „Stopfens“ gesprochen. Sie wird vorwiegend dafür benutzt um mittels besonderer Manipulation der Handstellung in der Stürze Intonationsprobleme wie beispielsweise das falsche F2 zu korrigieren oder Nicht- Naturtöne wie das h,a oder d1 zu blasen.
Die eigentliche Technik des Stopfens wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts vom Leipziger Hornist Anton Joseph Hampel entwickelt . Punto entwickelte es später weiter bis zur Perfektion.
Die Naturhornschule Puntos und 32 Duette findet man hier als Download
Sein Instrument war allerdings damals das Inventionshorn. Durch eine sehr differenzierte Technik konnte er schließlich die ganze Tonleiter chromatisch und nicht nur in der Naturtonreihe zu blasen.
Rasch fand das Instrument Zugang in die klassische Musik . Mozart, Haydn und viele andere Komponisten waren von seinem Klang begeistert und schrieben ganze Konzerte und Kompositionen für Naturhorn. Die ersten klassischen Konzerte für Horn sind also alle Naturhornkonzerte.
Die verschiedenen Stimmungen (b, es, A, F, c basso, c alto) des Instrumentes wurden durch Aufsatzbögen erreicht.
Das Instrument setzte sich deswegen so durch, weil es der Idealvorstellung, der menschlichen Stimme, der " Vox humana" am nächsten zu sein auf perfekte Weise nachkam.
In der heutigen Zeit erlebt die Naturhornmusik wieder eine Renaissance.
Man muss , wenn man über das "Stopfen" spricht, klar zwischen den Techniken beim Waldhorn und beim Naturhorn unterscheiden, sonst spricht man bald über zwei verschiedenen Themen:
Die Stopftechnik beim Naturhorn (Inventionshorn) - nicht Parforcehorn!
Das Stopfen beim Inventionshorn wird ausgeführt in dem man die Finger der rechten Hand schnabelartig zuspitzt und fest in die Mensur der Stürze presst. Dieses völlige Stopfen wird als „Chiuso“ bezeichnet. Dadurch bekommt der Ton einen näselnden, echoartigen Charakter, ist leiser und beim F Horn einen halben Ton, beim B Horn um einen ¾ Ton höher .
Der Ton „springt“ hoch.
Es gibt von Henri Kling eine Hornschule, in der er sich unter anderem mit Naturhorn und mit der Stopftechnik beschäftigt. Sie kann hier eingesehen und downgeloadet werden. Abbildungen :Siehe Seite 21ff. der Hornschule
Die Stopf- oder Dämpfungstechnik beim Parforcehorn, das Bougieren (Beugen) der Töne
Wegen der Verwechselungsgefahr mit Techniken beim Inventionshorn oder Waldhorn sollte man den Begriff "Bougieren" oder "Beugen" verwenden, gemeinhin wird aber beim Parforcehorn doch vom "Stopfen" gesprochen, also lassen wir es dabei.
Mancherorts wird auch vehement vertreten, dass man das Parforcehorn gänzlich offen spielen soll, das heisst auf die Beugetechnik komplett zu verzichten und sich auf die Naturtöne beschränken. Dies ist meiner Meinung nach aber nicht richtig und kennt man sich in der Literatur aus, findet man mannigfaltig Passagen, in den bougierte Töne vorgeschrieben sind. Es offensichtlich, dass wegen der Hebelwirkung auf das Mundstück die Technik beim kleinen dreieinhalbwindigen Horn oder der Trompe besser umzusetzen ist als beim großen zweieinhalbwindigen Horn, das soll uns aber nicht stören, mit etwas Gewöhnung machen Stopfpassagen auch auf dem großen Horn Spass.
Praktische Anwendung beim Jagdhorn
Komplette Tonleiter des Parforcehorns mit gebeugten Tönen
=
Man beachte dass die Töne d1 und f1 nicht gelistet sind.
In der französischen Literatur beispielsweise bei Gruyer Tyndare oder Gustave Rochard werden gebeugte Tönen „Sons bougés“ verlangt, die vor allem in der dritten Stimme (la Bougée) in Form des a1 und h1 Bedeutung haben.
Gleichwohl gibt es häufig in Radouci- Passagen Stellen, an denen ein Fis2 oder Dis verlangt wird. Das ist mit unseren Hörnern leicht vollziehbar und sehr effektvoll. Beispiele hierfür wären Souvenir de Bretagne, Souvenir de Normandie, Le Chateau de Passins oder Le Manola de Chasseur.
Um mit dem Naturhorn temperiert zu spielen ist es als drittes Argument unabdingbar, das f2 oder d1 zu dämpfen um nicht den Mißgefallen eines diatonisch geschulten Gehörs zu erregen.
Beim Beugen wird die an den Fingernspitzen geschlossene Faust in der Stürze gehalten in einer neutralen Stellung und bei Bedarf etwas gedreht und die Handaussenseite an das Messing gepresst. Die Handaußenfläche sucht den Kontakt mit der Stürzeninnenwand und dämpft den Ton, macht ihn dunkler (und etwas leiser).
Normalerweise lässt man bei kurzen Passagen den Rand der Stürze auf der ausgestreckten Innenseite der Hand ruhen und greift dann bei den Stopftönen bedarfsweise in die Stürze.
Sind längere Passagen mit Stopftönen für den Bläser zu erwarten wird im allgemeinen die Hand, allerdings offen- auch bei offen geblasenen Tönen in der Stürze verbleiben um die Unterschiede in der Klangfarbe und Lautstärke von offenen und gestopften Tönen auszugleichen. Dies kann erfordern, dass der Bläser sein Horn ca ¼ Ton zu hoch stimmt. Nur so lassen sich schnellere Wechsel mit gedämpften Tönen auch bewältigen.
Die beschriebene Hornhaltung ist mit den Vorstellungen des DJV mit durchgestreckter rechter Hand aber nicht vereinbar, eher mit einer eher vertikalen Hornhaltung wie man sie auch aus historischen Stichen und Zeichnungen kennt. Es tut hier unbedingt eine Korrektur der Vorstellungen Not.
Je nach Intensität kann man die Töne halbdämpfen oder ganz dämpfen, je nachdem wie fest man die Hand dreht und was man mit den Lippen, respektive dem Unterkiefer macht.
Neben den beiden Manipulationen mit der Hand darf es nicht unerwähnt bleiben, dass alleine eine veränderte Lippenspannung den Ton gleichfalls eine Sekunde hoch oder niederregulieren kann, insbesondere in Kombination mit dem Öffnen oder Schließen des Unterkiefers.
Das gewinnt besonders bei den tiefen Passagen Bedeutung, wo die NT weiter auseinander liegen. Betrachtet man die Pedal - G,A,H,C am Anfang der Echelle complète unter dem Basschlüssel, so werden diese Töne mit den Lippen erzeugt. Notiert sind sie beispielweise im Harmonie des Forets oder Roland a Ronceveaux.
Halbes und volles Stopfen
Halbgedämpfte Töne = Erniedrigung um 1 Halbton
Hier handelt sich vorwiegend um die Töne a1, h1, f2 und a2, aber auch cis ,dis (es) ,fis
Hier muss nur eine kleine Sekunde heruntergedämpft werden, um den gewünschten Ton zu erreichen.
Das gelingt ganz leicht durch Manipulation nur mit der Hand.
Der Ton h1: Speziell in der dritten Stimme ist der Ton h ein wichtiger Teil im gehaltenen Akkorden in den Fermaten. Beim Umschalthorn kann man h1 einfach schalten. Beim reinen Es-Horn wird der Ton von c2 heruntergedämpft.
Das f2: Der 13 NT (das falsche Fa) ist in der Tonlage eher ein tiefes fis daher kann man es leicht dämpfen, geht also vom f2 aus. Eine leichte Dämpfung des F2 kommt dem diatonischen Gehör des Zuhöres entgegen, er wird den Ton nicht so schräg empfinden
Der Ton a1: Es ist wichtig, dass man beim a und h einen anderen Ansatz (b versus c1) findet. Daher dämpfen wir das a vom b herunter. Speziell beim a1/a2 braucht man nur ganz leicht zu dämpfen, weil das b in der Naturtonreihe etwas zu tief liegt und es nur einen kleinen Schritt zum a hinunter braucht. Das a1 ist nicht schaltbar, sondern muss auch auf dem Umschalthorn gestopft werden.
Das a2: wird vom b2 heruntergedämpft, es ist allerdings schwierig, denn man trifft gerne den Naturton a2, welcher eher ein etwas tiefes as darstellt. Hat man die Möglichkeit zu schalten, sollte man die besser nutzen
Wendet man diese Technik konsequent an kann man auch noch viele weitere Töne erzeugen, so dass der Gesamte Tonumgang eines Es - Hornes wie folgt angegeben werden kann.
Die ersten Töne in der Bassreihe werden durch einen tiefen Ansatz vom Pedal C zum Pedal G herunter erzeugt.
Voll gedämpfte Töne = Erniedrigung um 2 Halbtöne:
Will man einen Ton um einen Ganztonschritt (grosse Sekunde) erniedrigen, muss man noch etwas mehr dämpfen. Die Hand dreht sich stärker in die Stürze und der Ton wird durch nachlassende Lippenspannung und Öffnen des Unterkiefers noch etwas mehr nach unten korrigiert. Man muss schon "in die Vollen gehen" um die Senkung des Tones zu bewältigen.
Diese Manipulation hebelt sehr am Lippenansatz des Mundstückes, umso mehr wie der Windungsdurchmesser des Hornes größer ist. Das volle Dämpfen ist meines Erachtens auf dem großen zweinhalbwindigen Horn nicht praktikabel, mit Einschränkungen nur bei der Trompe d´Orleans oder dem dreieinhalbwindigen Parforcehorn in Es. In der Regel wird man aber voll gedämpfte Töne beim Parforcehorn vermeiden, des wegen sind sie auch nicht in der Darstellung der kompletten Tonleiter (s.o.) erfasst.
Merke: Große Sekunde = Stark Dämpfen + Lippenansatz +Unterkiefer weiter öffnen
Der Ton d1: Ganztonschritt vom E herunter. Kann beim Umschalthorn geschaltet werden
Der Ton f1 : Ganztonschritt vom G herunter. (Beim Inventionshorn nach oben gestopft)
Nun sollte man in der Lage sein die einfache Tonleiter lückenlos von c1 nach c2 zu spielen. Ob voll gedämpfte Töne auch flüssig in einer Passage gespielt werden können hängt von dem Geschick des Hornisten ab. Beim d1 kann man die Passage auch an ein Umschaltlhorn übereignen, wenn der Ton wichtig ist.
Meiner Meinung nach ist das aber sehr theoretisch meist kommt beim praktischen Spielen doch nur ein fis oder dis raus.
Wer das Üben möchte soll sich mal den "Marche funebre" oder "Regrets" von Gustave Rochard probieren. Durch die Anwendung dieser Töne kommt man a-moll oder sogar in c moll.
Anwendungen
Zur Kontrolle der Tonhöhe empfiehlt sich ein Stimmgerät oder "Cleartune" die App auf dem Iphone
Als kleine Übung nimmt man am besten eine Melodie, die man gut kennt und probiert am besten mal einfach aus.
Die meisten einfachen Volkslieder z.B. "Guten Abend, gut Nacht" lassen sich sehr schön auf dem Parforcehorn nachblasen. Man entwickelt sehr schnell ein gutes Gefühl für die Intonation.
Man kann das Thema "Stopfen" natürlich noch beliebig ausdehnen und versuchen, alle anderen chromatischen Töne auch noch zu blasen. Teilweise wird dies sogar gefordert bspw. bei Rochard. Aber die Grenzen zum Inventionshorn sind fliessend. Man sollte die gestopften Töne nur für kurze Passagen benutzen, um sich nicht stilistisch zu sehr von der Jagdmusik abzuwenden.
Eine ganz neue Dimension von Musik mit gestopften Tönen findet man bei den Kompositionen von Gaston Chalmel, Sylvain Oudot vertreten in der Gruppe Le Débuché de Paris. Ich kann nur die neue CD "Musique sacrée" empfehlen. Das ist allerdings schon keine Jagdmusik mehr.
zur weiteren Lektüre empfehle ich auch die Seminarunterlagen "Schalten" und "Stopfen" bei umschaltbaren B/Es Parforcehörnern, mit entsprechenden praktischen Übungen von Reiner Kloss, BJV Seminar in Beilngries-Leissing 2008
Das Stopfen beim Wald- (Ventil) horn - nicht Parforcehorn!
Die Umleitung der Luft in die Ventile bewirkt beim 1.Ventil eine Erniedrigung des Tones um einen Ganzton, beim zweiten Ventil um einen Halbton und beim dritten Ventil um einundeinhalben Ton.
Dadurch kann von den Naturtönen ausgehend, jeder Ton der Tonleiter auf dem Instrument erreicht werden. So ist man nicht mehr auf das Stopfen für chromatische Veränderungen angewiesen.
Beim Waldhorn nutzt man die Stopftechnik eigentlich nur um besondere akustische Effekte wie die Echowirkung zu erzielen. Man nimmt dazu die Hand oder einen Stopfer (Sordine) aus Pappe oder Kunststoff, den man in den Trichter einführt. Der Echoton soll leiser und mit anderen Obertönen sein, aber die dieselbe Tonhöhe behalten wie der Originalton. Um dies zu erreichen bedient man sich des des Stopfventils. Dies wird mit dem Daumen bedient. Es verlängert die Luftsäule wieder um einige cm und senkt so den hochgesprungenen, gestopften Ton wieder auf die ursprüngliche Lage und und kompensiert so.
Eine detaillierte Untersuchung zum Stopfen bei Hörnern von Stefan Wachter können sie hier lesen: 2008_Untersuchung_zum_Stopfen_bei_Hörnern.pdf