Funktionsübung 2: Unser bläserisches Können als Jagdhornisten beweisen:
Roulé und Rubato heisst: sich letztendlich etwas von den Noten befreien
Nota bene: Die Ausführungen gelten zwar prinzpiell für Jagdmusik französischen Ursprungs, auch französische Schweiz, aber sinngemäß eben auch für die deutsche und österreichische Musik
Als Jagdhornisten dürfen wir gerade die 6/8 Passagen nicht vertikal und unbeweglich wie einen Gartenzaun blasen, es muß Bewegung nach vorne, also zur Fermate hin, hinein, also bitte nicht so:
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Die Bassläufe verbinden sich nach unten bis zur tiefsten Note über die Triolengrenzen hinaus {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Rubato.mp3"/} |
Am besten hört man sich das Hörbeispiel an. Es hat „Drive“, also Bewegung nach vorne, Man spricht daher von einem "Lauf". Die Noten werden in einer ganzen Phrase (frz. für Satz) geblasen und bekommen somit eine musikalische Aussage. Man kann auch musikalisch eine Frage stellen, eine Antwort geben, einen Einwurf machen. Das nennt man Semantik, die einzelnen Wörter fügen sich zu einem Satz zusammen und enden daher auch mit einem Satzzeichen, einem Punkt, einem Komma, einem Ausrufe- oder einem Fragezeichen.
Drive = Lauf
Phrase = Satz im musikalischen Sinn
Im Lauf "klebt" nichts, die Phrase wird schnell und flüssig, eben locker, legère spielen.
Aber warum ist das so? Dazu muss ich an dieser Stelle zwei Stilelemente des Jagdhorns und der Trompe de Chasse erklären:
- Das Rubato; Das Wort kommt von „rubare = berauben“. Man betrachte sich die Akzentzeichen in Übung 7 V einmal mit einem Strich, was bedeutet dass sie etwas länger gespielt werden als der eigentliche Notenwert (die Note raubt sich Zeitanteile von einer anderen) und V mit einem Punkt, was bedeutet, dass die Note etwas kürzer als der Notenwert gespielt wird (sie wird beraubt). In der Summe ist das eine Nullnummer, was rhythmisch ja auch korrekt ist.
- Das Roulé: Die Notenkadenzen durchbrechen die gewohnte Betonung auf 1 und 4 des 6/8 Taktes und verbinden nach unten über 3 bis vier Achtel hinweg bis hin zur tiefsten Note (bis über die Triolengrenzen hinaus)
- Ich habe versucht das mit dem gestrichelten Bindungbogen zu verdeutlichen.
- Und … der Anstoß der Noten ist nun Louré, die Noten bleiben verbunden und verschmelzen miteinander aber ohne dass es ein Legato wird.
- Verbinden, aber nicht Binden.
Am Ende die beiden punktierten Viertel „Schwer“ und „Leicht“
Ein Roulé besteht somit aus zwei Teilen, einem ersten, harten und verlängerten mit Stützimpuls „Tuu“, das ist quasi ein Piqué, und einen zweiten kürzeren Teil, der entspannter und weicher „Da“ ist. Das Roulé ist also ein Piquet und danach folgendes Louré.
Funktionsübung F2: Anwendung von Roulé und Rubato im Basslauf.
Ziel: Melodie in den Bass bringen.
Warum stelle ich in meinem Beitrag dieses Stilelement so heraus? Es ist mir ein persönliches Anliegen geworden.
Seitdem ich mich mit Jagdmusik beschäftige, bewundere ich die Leichtigkeit, Lockerheit und Eleganz, mit der die Franzosen ihre Trompe de Chasse blasen. Die deutschen Bläser orientieren sich meist zu sklavisch an ihren Noten, es wirkt häufig verklemmt.
Gerade im Bass ist das fatal. Die Achtelgruppen im 6/8 -Takt werden gartenzaunartig, vertikal, wie abgehackt geblasen, der Bass kommt meist mit der Geschwindigkeit der Ersten Stimme nicht mit, hängt hinterher und klebt.
Besonders klebrig wird es wenn der 6/8 eine Aufwärtsbewegung zum c2 hat wie in diesem Beispiel. Für viele Bassbläser ist die Höhe des c2 schon ein Problem und so der Ton wird herausgepresst.
Das führt zu dem Effekt, dass diess c2 besonders exponiert und betont wird. Ich beschreibe das in meiner Gruppe lautmalerisch mit
"Juchtata"
Bei der Aufwärtsbewegung der Triole zum c2 (roter Kreis) wird häufig das c2 zu stark gepresst und mit hartem"tt" abgeschlossen. Weitaus besser ist es, das c2 als Roulé zu gestalten und das g1 (gelber Kreis) weich anzuschließen |
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{jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Gack2.mp3"/} Wenden wir aber Roulé und Rubato an, ändert sich das sofort. Der Bass-lauf ist nun elegant, schnell und bekommt eine eigene Melodie, die ihn von der Dominanz der ersten Stimme freistellt. |
So macht Bass Spaß:
Die meisten meiner Kollegen, obwohl anfänglich mehr als skeptisch, nehmen das immer mehr an. Schon nach kurzer Zeit sind sie begeistert und können sich ihren alten Stil gar nicht mehr vorstellen. Man bläst einen melodischen Bass und das ist ein erheblicher Fortschritt in der Musikalität.
Tonbeispiel Bassübung (aus Wilhelm Bruns Schule):
a) notengerecht, |
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b) als Roulé ausgeführt | {jdhtml5player media="http://www.parforcehornmusik.de/images/stories/audio/NT_Bass3.mp3"/} |
Wenden wir unser Wissen nun mal an und betrachten folgende Notenzeile:
Als letztes Beispiel eine Passage aus der "Fanfare Du Bois" von Charles Pont.
Roulé und Rubato sind perfekt sowohl im Basslauf, wie auch in der ersten Stimme abgestimmt.
Ich möchte auf dieses Zeichen in der ersten Stimme hinweisen, ein sogenanntes Tayaut.
Es soll aber erst an späterer Stelle, in einem anderen Hornbrief besprochen werden
Das Tayaut gilt als Kernelement der französischen Stylistik, tut aber erst mal an dieser Stelle nichts zur Sache
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Den Basslauf möchte ich in diesem Hornbrief nicht vorspielen, es vielmehr als Hausaufgabe lassen. Die Hilfszeichen sind ja schon in rot eingemalt.
Wenn man will, kann man ihn ja mit seinem eigenen Instrument zum Tonbeispiel blasen und schauen wie man klarkommt.
Hiermit möchte ich meine Erläuterungen erst mal bewenden lassen, Teil 2 meiner Ausführungen werden in einem neuen Hornbrief folgen.
Wir werden dann einige neue Funktionsübungen besprechen, wie man Höhe oder Tiefe erreicht, wie man stopft oder auch über Dynamik sprechen.
So long
Dr Parforce (Dr Peter Neu)