Die französische Fanfare - Teil 1

Europa wächst immer mehr zusammen und folgt zunehmend globalem Interesse. Trotzdem sind es die regionalen Sitten und Gepflogenheiten, die  von den Menschen gelebt und von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ihre Gesamtheit bildet dann einen Teil der nationalen Identität. In der heutigen Zeit wir es als politisch korrekt empfunden wenn man diese nationalen Besonderheiten schätzt und achtet. Nur so ergeben sich Freundschaften über staatliche Grenzen hinweg.

Einen Franzosen schüttelt und schaudert es wenn man einen großen Wein aus dem Kunsstoffbecher  verkosten  soll, der Bayer hat für Weißwurst aus der Konserve keinerlei Verständnis und trotzdem gibt es leider Beides.

Gleichsam ist es auch in der Musik.  Zünftige Blasmusik im Bierzelt, auch wenn man sie in Bayern oder Österreich schätzt, will  an den Stränden des Atlantik oder in den schottischen Highlands nicht die Gunst des Zuhörers finden.

Der Löwenanteil der rezenten Literatur für Jagdmusik stammt aus  der Feudalzeit und dem französischen Kulturgut. Die Literatur reicht bis auf siebzehn Fanfaren zurück, die 1748 von Marquis de Dampierre, dem Hofrittmeister des Sonnenkönigs Louis XIV herausgegeben wurden. Man hatte eine neue Jagdvariante entdeckt, "par ce foret (durch den Wald)" bei der die Fährte eines einzelnen Hirschen mit Hunden und Pferden konsequent ausgearbeitet wurde.  Die elegante "Parforcejagd" wurde auch bald in die deutschen Adelshäusern eingeführt, kannten sie ja bisher nur die traditionelle abgestellte Jagd. Die Kommunikation auf den Jagden wurde mittels der Trompe de Chasse gewährleistet.

Trotz des Geistes der französischen Revolution starb die Faszination an der Jagdmusik auch im bürgerlichen Lager nie aus, mehr noch, überlebte  und wurde ab ca 1840  in etlichen Trompeschulen von  Raoulx, Thiberge, Tellier, Normand, Sombrun, Rochard, Tyndare bis heute immer wieder neu geboren. Mittlerweile ist die Trompe fest in die französische Folklore verwachsen, man bläst sie zu allen Gelegenheiten, sie ist anerkanntes Weltkulturerbe.

Die Chasse a Courre hat nichts mit der englischen Schleppjagd zu tun, wenn auch dort Jagdsignale benutzt wurden. Eigentlich ist Parforcehornblasen auf einer Schleppjagd ein gewisser Stilbruch.

Der Standard der Trompemusik wir heute von der F.I.T.F1 der französischen Dachorganisation der Trompebläser gesetzt. Seit ihrer Gründung um die Jahrhundertwende organisiert sie regelmäßig Wettbewerbe (Stages). Heute nimmt die Popularität dieser Musik nach französischem Vorbild in ganz Europa stark zu.

Die Chasse a Courre wird in Frankreich nach wie vor leidenschaftlich aber auch diskret betrieben, gibt es doch immer wieder heftige Kritik seitens des Tierschutzes. In anderen Ländern ist sie verboten worden.

Von dieser Entwicklung unabhängig gab es eine Naissance von Jagdmusik in Böhmen, Österreich, Deutschland und der tschechischen Republik. Versteht man die europäische Geschichte wird schnell klar dass es mit den internationalen  Beziehungen nicht immer zum Besten stand. Daher stammen wohl auch Unterschiede in der Jagdmusik, die letztendlich zu einer Aufspaltung in völlig verschiedene Stilrichtungen geführt hat.

Die Französische Jagdfanfare

Nota bene! An erster Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass sich meine Ausführungen ausschließlich auf die original französische Musik beziehen, keinesfalls auf deutsche, österreichische, böhmische, tschechische Fanfaren und allenfalls eingeschränkt auf Musik der französischen Schweiz. Eine französische Fanfare eine für die Trompe de Chasse in Ré (D) geschriebene Jagdmusik.

Die FiTF unterscheidet zwischen verschiedenen Fanfaren

* Fanfares des Animaux (Tiere) sind beipielsweise  Le Rénard (Fuchs) , Le Sanglier (Wildschwein), la Biche (Hirschkuh), le Lièvre (Hase). Im Gegensatz zu den deutschen Totsignalen sind es allerdings Sichtsignale um Wild bei der Jagd zu bestätigen. Es handelt sich also um Situationsfanfaren im weiteren Sinne

An dieser Stelle noch zwei exotische Fanfaren aus Ploosen "du Lion" und "du Tigret"  (siehe  im Anhang)

 

* Fanfares d´ Equipages de Personnes et Localités: Hier  findet  man sowohl Hausfanfaren wie La Bellecroix, La Pontchartrain. Sie stellen repräsentative Erkennungsmelodien der Équipagen  (Reit- und Jagdgesellschaft), Fürstenhäuser oder Jagdreviere dar.

* Fanfares de Circonstances (Situationsfanfaren): Diese entsprechen unseren Jagdleitsignalen. Sie werden heute noch bei der „Chasse a Courre“ geblasen und dienen der  gegenseitigen Verständigung, da sich die Jagd zu Pferde  in den Wäldern Frankreichs  ohne Sichtkontakt über ein sehr weites Terrain erstreckt.

Hier die Französische Jagdleitfanfaren.doc zum Download.

Die Fanfaren teilen eine jagdlich bedeutende Schlüsselsituation mit, z.B le Bat-l´eau oder La Bete à l´eau " Der Hirsch geht ins Wasser.“ Die Situation wird vom Führer der Hundemeute, dem Piqueur gesehen. Er meldet mit seinem Jagdhorn, teils im vollen Galopp. Wenn die anderen Reiter das Signal hören, wird das Signal  wiederholt und  immer wieder weitergegeben  und somit über weite Strecken übertragen.

Es wird immer wieder über das Phänomen berichtet, dass auch die Pferde und die Hundemeute den speziellen Rhythmus der Musik auf unerklärliche Wiese verstehen. Die Tiere werden erkennbar zu Höchstleistungen angespornt.

Le Départ de Chasse – Abreiten zur Jagd.

Le Vol ce l´est – beim Erblicken eines Trittsiegels  des Hirsches während der Jagd

Le Réveil – das Wecken sind Beispiele für weitere Fanfaren.

Bekanntestes Beispiel für eine Situationsfanfare ist das Halali, das beim Strecken des Hirsches erklingt.

Es gibt das das Halali sur Pied , wenn der Hirsch gestellt und das Halali par Terre, wenn er abgefangen und verendet ist.

Das Wort Halali kommt historisch von: à la lie. (übers.: da liegt er danieder).  Es handelt sich ursprünglich um einen Jagdschrei, der später als Hornsignal übernommen wurde und drückt die Freude über eine erfolgreiche Jagd aus.

In der Welt der Plesshörner gibt es das "kleine Halali" am Ende der Totsignale und nach dem Signal "Ende der Jagd“

Fanfares de Fantaisie oder Fantaisies

Das sind größere konzertante Stücke, die nach der Jagd beim festlichen Teil zur Unterhaltung geblasen werden. Aber auch außerhalb der Jagd bei Hochzeiten, der Hubertusmesse, Totenehrungen oder einfach nur zur Repräsentation der Jagdkultur in der Öffentlichkeit.

Sie enthalten neben dem konzertanten Anteil aber fast immer einen Fanfarenteil, in dem der Véneriecharakter (heißt Jagdmusikcharakter) zum Tragen kommt. Hier wird das Horn  eben nicht mehr als Signalinstrument sondern schon als Musikinstrument benutzt. Dieser wird in der Partiturmeist mit Fanfare oder Allegro Fanfare überschrieben.

 

 

 

Quelle: Sombrun L´Art de Sonner de la Trompe

Um eine Vorstellung von Fanfaren zu gewinnen, beschäftigen wir uns einfach mal mit der Ehrenfanfare, „Honneur du Pied“ oder  „Les Honneurs du Pied“

Die Ehrenfanfare wird zur Ehrerbietung  für ein Mitglied der Reitgesellschaft geblasen, das sich in besonderer Weise bei der  Jagd hervorgehoben hat. Dabei wird vom Piqueur feierlich der Pied d´honneur (siehe Bild), den präparierten und geflochtenen Vorderlauf des erlegten Hirsches übergeben.

 

Besonderheiten der französischen Stilistik:

Die französischen Stilelemente werden unter dem Begriff „Ton de Vénerie“ zusammengefasst. Schon in der Schule von Normand gibt es genaue Beschreibungen wie beispielsweise ein Roulé oder Tayauté auszuführen sind. F. Deisenroth beschreibt in seinem Bändchen „Jagdmusik“ Flemings (der vollkommene teutsche Jäger 1721) die „schwebenden Haue“ als einen ersten Versuch, die französischen Tayautées nachzuempfinden und wiederzugeben. Man kann also davon ausgehen dass der Vénerieton schon von Anfang an geblasen wurde und sich nicht erst in den letzten beiden Jahrhunderten entwickelt hat

Der Barock schwelgte bekanntermaßen in Verzierungen, aber es war aber nicht üblich diese in der Notenschrift festzuschreiben. Es galt die Freiheit des Musikers höher als die des Komponisten. Allerdings war sie auch nicht grenzenlos, der Zeitgeist und die Pflege der Musik diktierte welche Verzierungen an welcher Stelle angebracht waren und welche nicht. Daher kommt es wohl dass Verzierungen in der französischen Jagdmusik  auch heute nicht notiert werden.

Der Deutsche ist es  landläufigerweise gewohnt, exakt  nach Vorschrift zu spielen und mag  nicht die Freiheit der Interpretation und Improvisation. Daher rühren wohl die meisten nationalen unterschiedlichen Auffassungen in der Jagdmusik. Nochmehr scheut sich der Deutsche, konsequent die Technik des Rubato anzuwenden und sich damit außerhalb der metronomischen Zählzeit zu bewegen.

Von weiterer fundamentaler Bedeutung für die Stilistik ist das Horn  als Instrument selbst. Eine Trompe mag zwar äußerlich ähnlich aussehen wie ein dreieinhalbwindiges Parforcehorn, aber unterscheidet sich davon in gleichem Maße wie beispielsweise   der Hund von einem Fuchs . Die Trompe hat einen wesentlich markanteren Klang als das Parforcehorn und wird mit ständiger Ondulation, dem sogenannten Vibrato geblasen. Vielen Menschen gefällt diese bienenschwarmartige Grundschwingung sehr, für sie ist es ein unabdingbares Element in der Jagdmusik, vielen aber auch überhaupt nicht.

Die Trompe, in D gestimmt hat keinen Stimmzug um sich harmonisch anzupassen, jedes Instrument hat seine individuelle Aussprache und Timbre. So gesehen wird sie nicht wie das Es-Horn konzertant-symphonisch geblasen sondern eher  individuell, eher polyphon.

Die Stimmen werden immer in einem durchgehenden Phrasierungsbogen geblasen, der mit der Expiration kongruent ist. Am Ende des Bogens, auf der Haltenote, ist stets die Atemluft in der Lunge des Bläsers verbraucht. Dieser konstante expiratorische Luftdruck, der dazu noch durch die Rücken- und Bauchmuskulatur gestützt wird bildet die Grundlage für das Vibrato, aber auch für die besonderen stilistischen Artikulationen.

 

Hören Sie sich bitte die jeweiligen Tonbeispiele an. Jeder Bläser muss für sich selber entscheiden wo sein persönlicher Geschmack liegt.

Das kann auch von Situation zu Situation verschieden sein, je nachdem ob das Stück eher freudig-jubelnd oder getragen-feierlich interpretiert werden soll.

 

 

So kann es ein Computerprogramm.

Nur Noten abspielen im Ton simple. Völlig leblos.

 

 

 

Die Phrasierung wird erstmals berücksichtigt. Schon besser, klingt aber  m.E. zu sehr nach Österreich, Böhmen, Blasmusik "zu konzertant" hat Waldhorncharakter. Keinerlei französische Stilistik "klebt"

 

 

 

Hier wird das Roulé konsequent angewendet. Zum ersten Mal wirkt die Fanfare charmant und elegant.

Hat Eleganz klingt schön jagdlich

 

 

Hier kommt neben dem Roulé das Tayaut zum

Einsatz – VenerieTon, daneben Vibrato.

Ist für das Parforcehorn nur für kleine Passagen im Stück denkbar

Hier liegt irgendwo die "Demarkationslinie"zur französischen Musik

 

 

Markanter Venerie- Charakter sehr ausgelebt.

fast Jazz, ist aber gelebte französische Folklore.

Ist Terrain der Trompe, dort wollen wir mit dem Parforcehorn nicht unbedingt hin

 

 

 

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