Die Entwicklung des Fürst-Pless-Hornes und seiner Signale
(Martin Geyer)
Bei den heutigen Gesellschaftsjagden wird man die großen Hörner in der Regel vergeblich suchen. Hier hat sich seit Beginn des vorigen Jahrhunderts ein kleines Horn durchgesetzt, das seinen Ursprung in der Militärmusik hat: das Fürst-Pless-Horn.
Fürst-Pless-Horn mit „Hornfessel“ (Riemen) - Autor
Der für uns bedeutsame Zeitabschnitt begann im 17. Jahrhundert. Erste Vorläufer waren damals auf den Jagden halbmondförmige, so genannte „Flügelhörner“, ähnlich dem Sauerländer Halbmond. Daneben gab es ein kleines kreisförmig gewundenes Jägerhorn („Einschleifenhorn“, aber auch das „Schneckenhorn“ und der „Halbmond“), das schon dem heutigen Fürst-Pless-Horn ähnelte.
„Einschleifenhorn“ aus „La vénerie“ von Jacques Du Fouilloux
Bei den Heeren der deutschen Länder im 18. Jahrhundert waren kleine Signalhörner im Gebrauch, die zunächst in den neu aufgestellten Jägerregimentern eingeführt wurden: 1758 bei den hannoverschen Feldjägertruppen, 1788 bei den preußischen Jägertruppen, 1813 im gesamten preußischen Heer, 1819 in Sachsen und 1856 in Bayern. Die Kavallerie benutzte dagegen Trompeten („Fanfare“) als Signalinstrumente. Die vormals verwendeten Trommler und Pfeifen mussten damals durch die veränderte Taktik der mobileren Kriegsführung durch diese weittragenden Signalinstrumente ersetzt werden.
Die Angehörigen der Jägertruppen wurden nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst meist im Forstdienst angestellt. So lag es nahe, dass sie ihre militärischen Signalinstrumente und die vom Militärdienst gewohnten Signale auch bei der Jagdausübung benutzten. Fürst Pless hat auf seiner Herrschaft in Oberschlesien seinen Jägern das kleine Horn vorgeschrieben und zahlreiche Signale aus der Militärmusik für den Gebrauch auf seinen Jagden übernommen. Ihm zum Gedenken trägt dieses Horn seither seinen Namen: Fürst-Pless-Horn.
Es steht in B und ist 1 ,31 m lang. Da die preußischen Könige und späteren Kaiser von dieser Jagdmusik sehr angetan waren, haben sie diese auch auf ihren Jagden eingeführt. Seit 1848 hatte dann auch der Bürger das Jagdrecht. Die „Sonntagsjäger“ wollten es den herrschaftlichen Jägern gleich tun und übernahmen das kleine Horn. Da sie meist „Jäger zu Fuß“ waren, bevorzugten sie aus praktischen Gründen das kleine Horn. Überdies ist das Blasen auf dem Fürst-Pless-Horn für den musikalisch ungeübten Jäger bedeutend einfacher als auf dem großen Parforcehorn mit seinen nahe beieinander liegenden Naturtönen.
Notenumfang des Fürst-Pless-Horns
So hat sich das Fürst-Pless-Horn eine weite Verbreitung gesichert und ist heute das meistgeblasene Jagdhorn im deutschsprachigen Raum. Den festlichen Glanz und die Pracht der höfischen Jagden vergangener Zeiten vermitteln uns aber nur die virtuosen Bläserstücke, geblasen auf den großen Parforcehörnern in D und Es.
Jagdhornmusik für das „kleine Horn“
Die klassischen Leitsignale aus dem französischen Jagdhornbereich konnten vom „kleinen Horn“ nicht übernommen werden, da diese ja einen wesentlich größeren Tonumfang erforderten (zum Vergleich der Hörner: während wir mit dem Fürst-Pless-Horn je nach Können des Bläsers bis zu 6 Töne blasen können, ist der Tonumfang beim D- (bzw. Es-) Horn ca. 16 Töne). Auch wollte man natürlich etwas eignes – deutsches – schaffen, die Übernahme französischer Kultur war politisch zu diesem Zeitpunkt nicht denkbar. Auch unterschieden sich schon damals die vorwiegenden Jagdarten, die im deutschen Bereich eher vom alleine oder in kleiner Gesellschaft jagenden Jäger mit seinem „Allround“- Gebrauchshund geprägt war.
Da viele der involvierten Personen, so wie auch Fürst Pless selbst, auch im militärischen Bereich beheimatet waren und die dort genutzten Signal-Instrumente ähnlich unserem Pless-Horn waren (das Fürst-Pless-Horn ist eigentlich eher eine Trompete!), lag es nahe von dort Signale zu übernehmen bzw. zu adaptieren. Auch waren viele der Beteiligten und Jäger militärisch vorbelastet und kannten die militärische Bedeutung der Signale.
Ein Teil unserer heutigen Jagdleitsignale lässt sich deshalb direkt, manchmal mit kleinen Änderungen, von den Militärsignalen ableiten. Ab 1889 wurde die Verwendung von Signalen im Militär stark eingeschränkt, bekannt geblieben ist uns das bekannteste Signal „Straße frei“, das jeden Tag unzählige Male vom „Martinshorn“ „geblasen“ wird (Namensgeber für das Horn war der Hersteller, die Firma Martin, Markneukirchen, ein ehemals großer Hersteller von Signalinstrumenten, auch Fürst-Pless-Hörnern). Mit diesem Signal wurden berittene Einheiten aufgefordert, die genutzte Straße z. B. für ein Überholen bzw. einen Vorbeiritt von anderen Kräften frei zu machen.
Hier im Folgenden ein Vergleich von Militär- zu unseren heutigen Jagdsignalen: (Fürst-Pless- und Parforcehörner sind transponierende Instrumente, notiert wird immer in C im Violinschlüssel)
Militär- und Jagdsignale im Vergleich
Eine schöne detaillierte Aufstellung findet man in "Die Jagd und ihre Wandlungen" von R Corneli, hier als PDF: Corneli_Jagdsignale.pdf
Premier Lieutenant a.D
v Ellermann, Harms und Cie Amsterdam 1884
Reprint: Komet Verlag