Der Hornbrief - April 2017 - Die Herkunft unserer Jagdhornsignale
Hallo,
für den unbedarften Jäger und Bläser scheint es klar zu sein: der "Komponist" unserer Jagdsignale ist Reinhold Stief, wie man ja im "Handbuch der Jagdmusik", Band 1, Die deutschen Jagdsignale, lesen kann. Tatsächlich ist deren Geschichte vielfältig und wechselhaft. Im folgenden ein Beitrag über die Herkunft und Entwicklung unserer heutigen Jagdsignale.
Mit vielen bläserischen Grüßen
Martin Geyer, Nürnberg Dr. Peter Neu, Coburg
Hallo,
Der für uns bedeutsame Zeitabschnitt begann historisch im 17. Jahrhundert. Man verwendete damals auf Jagden halbmondförmige, so genannte „Flügelhörner“, ähnlich dem Sauerländer Halbmond. Daneben gab es ein kleines kreisförmig gewundenes Jägerhorn, das schon dem heutigen Fürst-Pless-Horn ähnelte.
Bis ins 18. Jahrhundert weist die Literatur die Verwendung der noch wenig ausgereiften Signalhörner hauptsächlich dem Jagdgebrauch zu. Signale waren regional stark unterschiedlich, so wie auch die Verwendung der verschiedensten Hornformen (und Tonhöhen) in der Praxis vorkam.
In den letzten Jahrzehnten des 18. Jhdt. änderte sich im militärischen Bereich die Taktik was eine Kommunikation über weitere Strecken bedurfte und eine Verdrängung der bisherigen Pfeifen und Trommeln durch weittragende Signalinstrumente bedurfte: neben den neuen „Jägerbataillonen“ (u.a.) wurden Hörner und Trompeten eingeführt!
Die verwendeten Signale wurden teilweise – natürlich jetzt mit militärischer Bedeutung – aus der Jägerei übernommen. Teils wurden auch neue Signale eingeführt. Es bildete sich im Laufe der Zeit ein Grundstock an 20 verwendeten Signalen heraus, die je nach Truppengattung mit dem Sauerländer Halbmond, Fürst-Pless-Horn (bei den Jägereinheiten) oder Signaltrompeten geblasen wurden. Bei dieser Anzahl ging man davon aus, dass diese ein Soldat sich noch merken kann - und die Signale genügend differenzbierbar sind, so dass sie auch im Schlachtengetümmel noch zu erkennen sind.
Während die jagdlichen Signale zuvor noch regional sehr unterschiedlich waren und verschiedene Bedeutungen hatten, wurde dies im militärischen Bereich natürlich vereinheitlicht!
Die „Rückübertragung“ ins jagdliche geschah v.a. durch Hans-Heinrich XI., Fürst von Pless (um 1871), der die kaiserlichen Jagden ausrichtete. Dazu bediente er sich der (zumeist militärisch ausgebildeten) Berufsjäger und Förster, die die Signale in die Jagd zurückbrachten und damit über den Umweg über das Militär eine Vereinheitlichung der Signale im deutschsprachigen Raum erreichten.
Die klassischen Leitsignale aus dem französischen Jagdhornbereich konnten dabei nicht übernommen werden, da diese ja einen wesentlich größeren Tonumfang erforderten (D-Horn, Trompe de Chasse). Auch wollte man natürlich etwas eigenes – deutsches – schaffen, die Übernahme französischer Kultur wäre politisch zu diesem Zeitpunkt nicht denkbar gewesen. Auch unterschieden sich schon damals die vorwiegenden Jagdarten, die im deutschen Bereich eher vom alleine oder in kleiner Gesellschaft jagenden Jäger mit seinem „Allround“- Gebrauchshund geprägt war.
Zum Vergleich der Hörner: während wir mit dem Fürst-Pless-Horn je nach Können des Bläsers bis zu 6 Töne blasen können, ist der Tonumfang beim D- (bzw. Es-) Horn ca. 16 Töne.
Ein großer Teil unserer Jagdleitsignale lässt sich deshalb direkt, manchmal mit kleinen Änderungen, von den Militärsignalen ableiten. Ab 1889 wurde die Verwendung von Signalen im Militär stark eingeschränkt, erhalten geblieben ist das bekannteste Signal „Straße frei“, das jeden Tag unzählige Male vom „Martinshorn“ „geblasen“ wird (Namensgeber dafür war der Hersteller, die Firma Martin, Markneukirchen, ein ehemals großer Hersteller von Signalinstrumenten, auch Fürst-Pless-Hörnern).
Hier im Folgenden eine Gegenüberstellung von Militär- (oder Post-) zu unsern heutigen Jagdsignalen:
(Quelle: Hein, Manfred: „Hörner und Signale“ in: Bartels, Uwe: Das Fürst-Pless-Horn und seine Tradition. Bilder, Berichte und Dokumente zur Kulturgeschichte, 1999)
Viele Grüße
Martin Geyer