Der Hornbrief - März 2017 - Der Sauerländer Halbmond
Hallo,
Ein Exot unter den Jagdhörnern ist der Sauerländer Halbmond. Er war (und ist!) ein Vorläufer unseres Fürst-Pless-Horns und hat sich in manchen Regionen bis heute erhalten.
Aber schaut euch den folgenden Artikel an…
Mit vielen bläserischen Grüßen
Martin Geyer, Nürnberg Dr. Peter Neu, Coburg
Der Sauerländer Halbmond
Der Halbmond, auch halber Mond genannt, ist ein großes, halbkreisförmiges Jagdhorn. Er wird aus Kupfer gefertigt und am Mundstück, Mittelteil und Stürzenrand mit Messing beschlagen.
Charakteristisch ist das Riemenzeug, auch Ledergehänge oder Hornsatz genannt, das vielfach mit dem Wappen oder den Initialen des Besitzers geschmückt ist. Die Hornlänge (ohne Mundstück) liegt zwischen ca. 110 und 130 cm (und entspricht damit etwa der Tonlage unseres Fürst-Pless-Hornes).
Der Durchmesser beträgt ca. 55 cm, das Gewicht bewegt sich zwischen 950 und 1 450 g. Der Halbmond ist heute meist in B gestimmt, früher auch in C. Er wird auf der linken Seite mit dem Schalltrichter nach hinten getragen.
Dieses große Jagdhorn gehört von alters her zur Ausrüstung der Brackenjäger und war seit dem 17. Jahrhundert im ganzen norddeutschen Raum, von den Niederlanden bis nach Ostpreußen verbreitet. Der Halbmond wurde aus dem etwas kürzeren und weniger gebogenen Flügelhorn entwickelt, das bei Streifjagden auf den beiden Flügeln mitgeführt wurde und daher seinen Namen trägt. Die Flügelhörner waren meistens aus Messing gefertigt. Flügelhörner und Halbmonde fanden auch Eingang in die Militärmusik und wurden noch um 1800 bei den Jägerbataillonen geblasen. Das Bild zeigt einen „Braunschweigischen Jäger“ .
„Im Etat der Jägerkompanie befanden sich auch zwei Musiker, welche indes weder Trommel noch Querpfeife - also die damals beim Militär üblichen Instrumente - sondern Horn spielten, wobei nach Quellenlage so genannte "Halbe Monde" Verwendung fanden, womit der auch heute noch bekannte "Sauerländer Halbmond" gemeint ist. Die Bläser trugen die gleiche Uniform wie die normalen Jäger, hatten jedoch u.a. an den Schultern Schwalbennester aus silberner Borte.“
Halbmonde wurden in alter Zeit oft als Paare gefertigt, da die Meuten von jeweils zwei Rüdemännern (Piköre) geführt wurden. Der Halbmond wurde ursprünglich nur mit einer Hand, meistens der linken geblasen, da der Jäger in der anderen Faust die Hundekoppel, die Waffe oder die Zügel hielt. Dabei wurde das Riemenzeug auf dem Unterarm aufgelegt und verhinderte so das Durchrutschen des großen Hornes. Zur Stabilisierung werden zuweilen Eisen- oder Messingstege zwischen Stürze und Mundstück eingezogen, die meistens durch das Riemenzeug verdeckt sind.
Mit dem Aufkommen kleinerer, handlicher Jagdhörner wurde der Halbmond mehr und mehr verdrängt und ist heute nur noch bei den Sauerländer und Markendorfer Brackenjägern in Gebrauch. Daher rührt auch die heute übliche Bezeichnung "Sauerländer Halbmond", was historisch nicht ganz korrekt ist, da der Halbmond keine ausschließliche Schöpfung des Sauerlandes ist.
Wenn sich der Halbmond bei den Brackenjägern bis auf den heutigen Tag erhalten hat, so liegt das daran, dass das Blasen bei der Brackenjagd einfach eine Notwendigkeit geblieben ist. Die Brackenjäger haben also in ungebrochener Tradition an dem Halbmond, dem Standardhorn des 17. und 18. Jh., festgehalten. Dagegen war das Blasen bei der übrigen Jägerei im 19. Jh. weitgehend in Vergessenheit geraten. Es wurde erst in der 1. Hf. unseres Jahrhunderts wiederbelebt, wobei man sich des modernen Fürst-Pless-Horns bediente, das aus dem kleinen Militärsignalhorn entwickelt worden war.
Auf dem Halbmond werden die alten, überlieferten Brackenjagdsignale geblasen. Die Brackenjäger selbst sprechen aber nicht von Signalen, sondern viel stimmungsvoller von Hornrufen. Aus Westfalen stammen die sechs Brackenjagdsignale, die Eingang in die vom Deutschen Jagdschutz-Verband herausgegebene Sammlung der offiziellen Jagdsignale gefunden haben: (Noten siehe unten)
1. Aufbruch zur Jagd
2. Es ist angestellt
3. Hunde los!
4. Wild tot!
5. Sammeln
6. Hunde aufkoppeln
Diese Hornrufe sind heute noch gebräuchlich. In der Gegend von Iserlohn bliesen die Brackenjäger auch ein Signal "Reh tot!", was zeigt, daß früher regelmäßig Rehe vor den Bracken geschossen wurden.
Aus dem Wiehengebirge, soweit es zum Fürstbistum Osnabrück gehörte, sind sechs, sehr melodische Brackenjagdsignale überliefert:
1. Aufbruch zur Jagd
2. Hase tot!
3. Sau tot!
4. Fuchs tot!
5. Reh tot!
6. Sammeln ("Tüfo")
Diese hannoverschen Signale werden noch heute von den Markendorfer Brackenjägern (Landkreis Osnabrück) geblasen.
Auch Reinhold Stief listet in einem seiner Erscheinungen einige dieser Brackenjagdsignale!
Die westfälischen Signale "Hunde aufkoppeln!" und "Wild tot!", besonders aber das hannoversche Signal "Hase tot!", malen das Geläut der Meute nach. Dieser Effekt läßt sich noch verstärken, wenn die Noten mittels Stimm- oder Krummbogen in As-dur transponiert werden.
Die westfälischen Brackenjagdsignale sind wie die hannoverschen lange Zeit nur mündlich überliefert worden. Die westfälischen Signale wurden nach 1900 von Fritz Tödheide-Loheide in Noten gesetzt, die hannoverschen erst 1935 von Carl Depker. Gustav Wiechert, Markendorf, hat die hannoverschen Signale aufgezeichnet, wie sie heute von den Markendorfer Hornführern geblasen werden.
Diese hannoverschen Brackenjagdsignale sind wohl die melodischsten und stimmungsvollsten Signale, die für Naturhörner mit kleinem Tonumfang komponiert worden sind.
Die Hornrufe sind sämtlich Jagdleitsignale; auch die Tot-Signale hatten ursprünglich Leitfunktion, da sie unmittelbar nach Erlegung des Wildes geblasen wurden und der gegenseitigen Verständigung dienten. War das Wild zur Strecke gekommen, so konnte man die Jagd abbrechen und "Sammeln!" bzw. "Hunde aufkoppeln!" blasen. War das Wild gefehlt worden, blieb man auf seinem Posten in der Hoffnung, daß die Bracken das Wild noch einmal vor die Flinte bringen würden.
Der Brackenjäger lenkt seine Hunde mit dem Horn. Haben diese sich verjagt, so rüdet oder bläst er sie heran. Die Gewöhnung an den Hornruf "Hunde aufkoppeln!" setzt schon beim Welpen ein und zwar beim Füttern. Folgt der Hund auch im Revier dem Hornruf, so wird er liebevoll empfangen und beim Wiederaufkoppeln mit einem saftigen Brocken belohnt. Auf diese Weise erhalten die Hornrufe für die Bracken eine lustbetonte Note.
Das Halbmond-Bläserkorps des DBC
Vom einfachen Rufhorn zum Sauerländer Halbmond von Ralf Ruegenberg.
Solange Jäger mit laut jagenden Hunden weiträumig jagen, benutzen sie für ihre Verständigung Rufhörner. Mit dem frühen, mittelalterlichen Kunsthandwerk der Olper Kupferschmiede entstand der heute noch typische Sauerländer Halbmond. Die passionierten Brackenführer von einst erkannten den einzigartigen Wert der traditionellen Jagd und schrieben in der Satzung des DBC ausdrücklich die Anwendung und Förderung der lauten Jagd fest. Ja, sie erklärten sogar die Pflege der uralten von den Vorvätern übernommenen Bräuche zum vorrangigen Ziel. Diesem Auftrag entsprechend gründeten erfahrende Brackenjäger und Hornbläser 1957 das Halbmond-Bläserkorps des DBC. Als historische Besonderheit ist es bis heute weltweit das einzige organisierte Naturhorn-Halbmond-Bläserkorps geblieben und präsentiert sich seit der Gründung, wo auch immer der DBC auftritt, mit ihm. In seiner Außenwirkung ist das Halbmond-Bläserkorps eigenständig organisiert und als gemeinnützig anerkannt.
Die Brauchtumspflege, das Bewahren der alten Brackenjagdsignale und Hornrufe sowie die stilvolle Präsenz der Deutschen Bracke und der Westfälischen Dachsbracke sind erklärtes Ziel aller Mitglieder. Seit der Einführung von Einstimmungszügen in den Halbmond wurde es möglich, das wohlklingende Horn in harmonischem Zusammenspiel erklingen zu lassen, so daß in den letzten Jahren mit zunehmender Beliebtheit Auftritte im In- und Ausland und in Rundfunk- und Fernsehsendungen erfolgreich gestaltet werden konnten. Dadurch wird das Halbmond-Bläserkorps seinem Ziel, der Verbreitung und Förderung des Ansehens unserer Bracken und des DBC, in vollem Umfang gerecht.
In der letzten Zeit wurde, um den Tonumfang zu erweitern von Ralf Rügenberg in Zusammenarbeit mit einem Hornbauer ein zweiwindiger Halbmond entwickelt (um den Tonumfang zu erweitern), der eine Oktave tiefer klingt als der herkömmliche Halbmond, so dass im konzertanten Bereich die Baß- und Tenorstimmen namhafter Kompositionen voll ausgenutzt werden können. Damit kann die ganze Literatur für gemischte Bläsergruppen in B (Fürst-Pless- und Parforcehorn in B) auf dem Sauerländer Halbmond verwendet werden.
Die Artikel sind aus verschiedenen Quellen zusammengestellt und ergänzt, vor allem mit freundlicher Erlaubnis von Johannes Lang, Präsident des Deutschen Brackenclub e.V. von der Homepage „deutscher-bracken-club.de“ übernommen (bitte dortige Urheberrechte beachten).
Interessante Verweise dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=_6zkSC-uhwc
http://www.waeller-parforcehornfreunde.de/index.php/ueber-das-jagdhorn/sauerlaender-halbmond
Hersteller:
http://www.elaton.de/webshop/show_product.php?products_id=88&SESS=89f593b7a474dcc025e60ffcbf5ad637
Martin Geyer