2022 11Jaghornton1Der Hornbrief November 2022 - Der Jagdhornton

"Alle" blasen wir Töne mit dem Jagdhorn - blasen wir damit "Jagdhorntöne"???

Mitnichten! Wie oft höre ich in der Praxis Töne, die zart beginnen, allmählich lauter werden, Töne, die am Anfang aufjaulen wie Hunde und am Schluss "ersterben" (Tonhöhe geht nach unten). Töne, die am Anfang oder im Tonverlauf rattern oder ein unregelmäßiges Tonhöhenvibrato erklingen lassen.

Üben wir doch einmal konzentriert selbst und mit unseren Bläsern, analysieren was geblasen wird und was wir hier alles besser machen können. Gönnen wir diesem Thema ruhig einmal eine komplette Gruppenstunde, am besten mit den einzelnen Bläsern oder in einer Kleingruppe, so dass einer vom anderen lernen kann und auf Fehler einzelner eingegangen werden kann.

im Hornbrief vom Juli 2017 "Dynamikverlauf im idealtypischen Jagdhornton" habe ich bereits die Dynamik im Jagdhornton erläutert. Dies muss natürlich beachtet werden und sollte genauso studiert werden.

Ziel muss das Erlernen des markant angeblasenen, intonatorisch stabilen klaren Jagdhorntons sein.

Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:

  1. der Ton muss in allen Lautstärken gleichsam mit Akzent angeblasen werden.
  2. der Ton muss sofort da sein, ohne Flattern oder andere Nebengeräusche in allen Tonlagen.
  3. der Ton muss intonatorisch stabil sein, d.h. die Tonhöhe darf sich nicht im Tonverlauf verändern.
  4. die Tonhöhe darf weder beim kräftigen Anstoß (am Anfang), noch beim Beenden (zügiges Crescendo) die Tonhöhe verändern.
  5. der Ton darf nicht flattern, oder "rattern".
  6. der Ton ist (fast) bis zum Anstoßen des nächsten Tons zu halten, d.h. es gibt keine Pause zum nächsten Ton (Ausnahme Staccato-Töne).

Jede Bedingung sollte einzeln geprüft und erreicht und erst im Anschluss kombiniert werden, bis alle Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind.

zu 1.und 2.: siehe Hornbrief vom Juli 2017 "Dynamikverlauf im idealtypischen Jagdhornton".

Der Ton beginnt mit einem starken Luftstoß, d.h. es wird schnell das Lautstärkemaximum (im Tonverlauf) erreicht. Die Zunge unterstützt diese „Explosion“, indem sie am Anfang die Lippen verschließt und erst nach einem Druckaufbau den Ton freigibt. DIE ZUNGE dient nur der besseren Genauigkeit – der Anstoß MUSS VOR ALLEM vom Luftstoß kommen (eine gute Übung ist immer, den Anstoß OHNE Zunge zu üben). Damit kann das Tonmaximum am Anfang, wesentlich verstärkt werden. Wichtig ist aber, dass die Lippen dazu nicht krampfhaft und fest verschlossen oder zugedrückt werden. Dies würde uns die Beweglichkeit und Geschwindigkeit nehmen (Explosion darf hier nicht überbewertet werden im Sinne von so laut wie möglich, vor allem darf der Ton nicht brutal oder „vulgär“ klingen. Das beste Bild ist immer noch das einer großen mächtigen Glocke).

Die Aussprache des Tons ist keinesfalls „ta“ sondern immer „da“ (oder „do“) wobei das d hart  (Lippen) wenn hart artikuliert wird und weich (Gaumen) wenn es weich artikuliert wird. Nach dem Anstoß findet sofort die „Entspannung“ statt, was man mit einer Laut-Entwicklung von a ->on darstellen kann (Giovanni Punto). N ist dann so etwas wie ein leichtes Verhallen des Tones im Finale.

Dieser Anstoß wird nie deutlich gelingen, wenn dies nicht mit der Bauchdecke unterstützt wird! Die so genannte Stütze, die angespannte Bauchdecke ist notwendig, damit die Luft-“Entladung“ nach oben geht und den Ton bildet und nicht quasi in den Bauch geht und damit die Kraft verpufft! Die Stütze (d.h. die Anspannung) hat bereits VOR dem ersten geblasenen Ton einzusetzen und nicht erst mit ihm (auch dies verursacht sonst einen ungenauen, nur diffusen Tonanfang)!

Der Anstoß wird auch nie deutlich gelingen, wenn nicht die Wangenmuskulatur bereits vorher gespannt ist (und bleibt). Anderenfalls geht der Luftstoß beim Aufblasen der Backen „verloren“, die Kraft verpufft quasi und der Ton setzt durch das „Aufblasen“  zu spät ein.

Wesentlich ist, dass diese Tonentwicklung bis zum Lautstärkemaximum innerhalb von ca. 2 - 3 zehntel-Sekunden geschieht, anderenfalls erlebt das Publikum dieses als ungenaues oder zu-spät-Einsetzen („Nachdrücken“), auch wenn man als Bläser der festen Überzeugung war „rechtzeitig losgeblasen zu haben“.

zu 3. und 4. "der Ton muss intonatorisch stabil sein, d.h. die Tonhöhe darf sich nicht im Tonverlauf verändern"

2017 07 dynamikverlauf4Durch die gewünschte Lautstärkenveränderung im Tonablauf kann es vorkommen, dass die Tonhöhe sich im Tonverlauf (unerwünscht) ändert. Der kräftige Anstoß produziert hohe Luftgeschwindigkeiten, die bei gleicher Lippenspannung einen höheren Ton erklingen lassen. Damit muss sich die Lippenspannung quasi gegensätzlich zur Lautstärke verhalten - an der lautesten Stelle muss entspannt werden. Ich erkläre die Lippenbewegung immer analog zum Bellen eines Hundes: "Wauuu". Dies produziert eine kurzfristige Lippenöffnung/entspannung am Anfang des Tones und wirkt damit einer Tonerhöhung entgegen.

 Gleichsam muss beim Tonschluss die Koordination von
- (ganz kurzem) Schließen der Lippen
- (ganz kurzem) Beenden des Luftstromes
geübt werden. Wenn noch Luft geblasen wird bei geschlossenen Lippen, quietscht es, bei zu vorzeitigem Beenden der Luft erstirbt der Ton nach unten.

Sind hier die Lippen zu weit auseinander gehalten beim Blasen. Versuchen, die Lippen kompakter zu halten, die Öffnung zu verengen, vor allem horizontal (Mundwinkel mehr zusammen), OHNE die Lippen aufeinander zu PRESSEN!).Dito kann ein unruhiger Ton durch ZU WENIG Verwendung von Luft verursacht werden (dies tritt also eher auf, wenn der Ton leise geblasen wird). Wird der Ton mit viel Ansatzdruck und wenig Luft geblasen, wird die Tonhöhe zwar erreicht, aber die Steuerung des minimalen Luftstroms bedarf sehr viel Genauigkeit und diese wird oft nicht erreicht.

Zur Abhilfe sollte die Lippenspannung verringert und bewusst mit mehr Luft der Ton geblasen werden.
Eine vorbereitende Übung dazu kann das „Ausblasen der Kerzenflamme“ sein, da viele Bläser zunächst sehr sparsam mit ihrer Luft umgehen und sehr viel Animation brauchen um mehr zu verwenden.
Es sollte auch überprüft werden, ob die richtige Tonhöhe getroffen wurde. Wenn man NUR mit dem Mundstück bläst, kann überprüft werden, wie genau der Bläser intoniert. Das muss geübt werden. Je genauer der Ton getroffen wird, desto effizienter bläst der Bläser den richtigen Ton in der richtigen Tonhöhe ohne Nebengeräusche.

zu 5.: der Ton darf nicht flattern, oder "rattern", nicht gepresst klingen.

Während die Phasen sich hauptsächlich in der Lautstärke unterscheiden, hängt der Klang (neben der Hornbauart und Mundstück) vor allem von der Lippenstellung ab. Wir müssen hier sowohl eingerollte als auch nach vorne gestülpte Lippen vermeiden. Der Ton muss ohne begleitendes Zischen oder „Schnarren“ klingen.
Evtl. wird die Zunge nach Tonanfang nicht aus dem Luftstrom geführt. Dazu kann man versuchen den Hohlraum im Mund zu vergrößern: wie beim Bass-Opernsänger (oder beim Zahnarzt) sich gedanklich ein „aaaaa“ vorstellen. Dadurch senkt sich die ganze Zunge im Mundraum ab, ein großer Resonanzraum wird gebildet. Eventuell das Bild eines Esels beim Tonwechsel bemühen: „iiiiii-aaaaaa“. 

Der Ton klingt als würde er durch eine Röhre geblasen. Mit den Nebenwirkungen „roter Kopf“, schnell ermüdenden Lippen und großen Mühen hohe Töne überhaupt blasen zu können. Zumeist werden hier die Lippen horizontal aufeinandergepresst (und nicht als ringförmiger Ansatz gestülpt und der Ton zwischen den „aufeinander gelegten“ Lippen durch einen (längeren) Kanal hindurchgepresst.).
Der richtige Ansatz ist ringförmig, die Lippen liegen auf den Zahnreihen und sind nicht nach außen gestülpt. Lippen dazu „steiler“ stellen, damit der Durchlass durch die Lippen für den Luftstrom nur kurz ist.

Es muss außerdem versucht werden die Lippen- (und Wangen-) Muskulatur ringförmig anzuordnen, vor allem ist es ungewohnt die Lippen von außen zur Mitte zu bewegen. Die Anordnung entspricht einem „süffisanten“ Lächeln.

zu 6.: der Ton ist (fast) bis zum Anstoßen des nächsten Tons zu halten, d.h. es gibt keine Pause zum nächsten Ton (Ausnahme Staccato-Töne).

Wichtig beim Übergang zum nächsten Ton ist, dass quasi KEINERLEI Pause gemacht wird, der Luftstrom - wenn er auch gegen Null geht – ist beständig. Die Zunge hat hier nur die Aufgabe den nächsten Tonanfang wieder deutlich zu markieren und darf dazu die Lippen quasi nur leicht touchieren, keinesfalls aber zwischen die Lippen gesteckt werden, da dadurch eine Zwangspause verursacht werden würde. Das führt ansonsten zum „gackernden“ Ton (Putt-Putt-Putt bzw. Tonende durch „ft“).
Wichtig ist, dass versucht werden muss den Luftstrom nicht aktiv anzuhalten, sondern - im Gegenteil - möglichst durchzublasen, beständig auszuatmen.

Während des gesamten Verlaufs des Tones ist darauf zu achten, dass die Lippenspannung die nachlassende Luftmenge ausgleicht, so dass der Ton weder am Tonanfang „überblasen“ wird und am Schluss der Ton auch nicht nach unten sackt.

Ich habe hier nur einige Denkanstöße angefügt, die Möglichkeit für Fehler sind unendlich. Nichtsdestotrotz wünsche ich viel Spaß und Erfolg beim Üben! ;-)

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