Der Hornbrief - Juli 2017 - Dynamikverlauf im idealtypischen Jagdhornton!

Hallo,

Auch wenn dieser Hornbrief übertitelt ist mit dem „idealtypischen Jagdhornton“… es gibt nicht den EINEN, für alle Situationen oder Stücke richtigen Jagdhornton (-klang), jedoch gibt es einen idealtypischen Ton, der für unser Instrument charakteristisch ist (wenn wir auch für manche Stücke andere Instrumente „nachmachen“ (z.B. Waldhorn)).

Zur Verdeutlichung: es geht hier weder um die Tonhöhe, das c oder g oder e; es geht nicht um Fehler in der Intonation, dass das C zu hoch oder zu tief angestimmt wird.

Es geht hier um den Klang und vor allem dynamischen (Lautstärke) Verlauf des Tones!

 

Dieser Klang ist sowohl für die Parforcehörner ALS AUCH für die Fürst-Pless-Hörner gültig und wichtig und ist das Charakteristikum unseres Jagdhornklanges, der sich vom französischen Ton (scheppernd und mit viel Vibrato) und dem Waldhornklang (weich und nachdrückend) unterscheidet. Wichtig ist die gute Ausprägung des Klanges insbesondere beim Parforcehorn – hier fallen Abweichungen viel stärker auf!

Beeinflusst werden kann dieser Klang vom Horn (Bauart, Mensur,…), dem Mundstück (flacher, tiefer Kessel,…) aber vor allem durch den Bläser selbst (und nur das will ich hier erläutern).

Wie soll nun dieser idealtypische Ton ausschauen?

(Parforcehornton = Piquet)

Der Ton lässt sich zeitlich grob in drei Phasen A) bis C) einteilen:

  1. A) Tonanfang

Der Ton beginnt mit einem starken Luftstoß, d.h. es wird schnell das Lautstärkemaximum (im Tonverlauf) erreicht. Die Zunge unterstützt diese „Explosion“, indem sie am Anfang die Lippen verschließt und erst nach einem Druckaufbau den Ton freigibt. DIE ZUNGE dient nur der besseren Genauigkeit – der Anstoß MUSS VOR ALLEM vom Luftstoß kommen (eine gute Übung ist immer, den Anstoß OHNE Zunge zu üben). Damit kann das Tonmaximum am Anfang, wesentlich verstärkt werden. Wichtig ist aber, dass die Lippen dazu nicht krampfhaft und fest verschlossen oder zugedrückt werden. Dies würde uns die Beweglichkeit und Geschwindigkeit nehmen (Explosion darf hier nicht überbewertet werden im Sinne von so laut wie möglich, vor allem darf der Ton nicht brutal oder „vulgär“ klingen. Das beste Bild ist immer noch das einer großen mächtigen Glocke).

Die Aussprache des Tons ist keinesfalls „ta“ sondern immer „da“ (oder „do“) wobei das d hart  (Lippen) wenn hart artikuliert wird und weich (Gaumen) wenn es weich artikuliert wird. Nach dem Anstoß findet sofort die „Entspannung“ statt, was man mit einer Laut-Entwicklung von a ->on darstellen kann (Giovanni Punto). N ist dann so etwas wie ein leichtes Verhallen des Tones im Finale.

Dieser Anstoß wird nie deutlich gelingen, wenn dies nicht mit der Bauchdecke unterstützt wird! Die so genannte Stütze, die angespannte Bauchdecke ist notwendig, damit die Luft-“Entladung“ nach oben geht und den Ton bildet und nicht quasi in den Bauch geht und damit die Kraft verpufft! Die Stütze (d.h. die Anspannung) hat bereits VOR dem ersten geblasenen Ton einzusetzen und nicht erst mit ihm (auch dies verursacht sonst einen ungenauen, nur diffusen Tonanfang)!

Der Anstoß wird auch nie deutlich gelingen, wenn nicht die Wangenmuskulatur bereits vorher gespannt ist (und bleibt). Anderenfalls geht der Luftstoß beim Aufblasen der Backen „verloren“, die Kraft verpufft quasi und der Ton setzt durch das „Aufblasen“  zu spät ein.

Wesentlich ist, dass diese Tonentwicklung bis zum Lautstärkemaximum innerhalb von ca. 2 - 3 zehntel-Sekunden geschieht, anderenfalls erlebt das Publikum dieses als ungenaues oder zu-spät-Einsetzen („Nachdrücken“), auch wenn man als Bläser der festen Überzeugung war „rechtzeitig losgeblasen zu haben“.

  1. B) Haltephase - Lautstärkeverlauf!

Sofort nach diesem Maximum lässt der Luftstrom nach und der Ton wird immer leiser, quasi ein decrescendo bei jedem Tonverlauf. Charakterisiert wird dies „grob“ durch den Begriff „Glockenton“ (starkes Anstoßen, langes Nachklingen).

  1. C) Schluss und Übergang zum nächsten Ton

Wichtig beim Übergang zum nächsten Ton ist, dass quasi KEINERLEI Pause gemacht wird, der Luftstrom - wenn er auch gegen Null geht – ist beständig. Die Zunge hat hier nur die Aufgabe den nächsten Tonanfang wieder deutlich zu markieren und darf dazu die Lippen quasi nur leicht touchieren, keinesfalls aber zwischen die Lippen gesteckt werden, da dadurch eine Zwangspause verursacht werden würde. Das führt ansonsten zum „gackernden“ Ton (Putt-Putt-Put bzw. Tonende durch „ft“).
Wichtig ist, dass versucht werden muss den Luftstrom nicht aktiv anzuhalten, sondern – im Gegenteil – möglichst durchzublasen, beständig auszuatmen.

Während des gesamten Verlauf des Tones ist darauf zu achten, dass die Lippenspannung die nachlassende Luftmenge ausgleicht, so dass der Ton weder am Tonanfang „überblasen“ wird und am Schluss der Ton auch nicht nach unten sackt.

  1. D) Klang des Tones

Während die Phasen sich hauptsächlich in der Lautstärke unterscheiden, hängt der Klang (neben der Hornbauart und Mundstück) vor allem von der Lippenstellung ab. Wir müssen hier sowohl eingerollte als auch nach vorne gestülpte Lippen vermeiden. Der Ton muss ohne begleitendes Zischen oder „Schnarren“ klingen.

Je nach vorgetragenem Stück kann hier etwas schärfer angeblasen werden (Fanfare) oder der Ton milder, weicher gestaltet werden (Gebet der Jäger (Schantl), Auf Wiedersehen (Einleitung)).

Wilhelm Bruns spricht bei der (graphischen Darstellung der) Tonentwicklung von der „Karottenform“:


(hier viele Karotten in Folge…)

Schön ist zu sehen, wie die Lautstärke nach dem Anstoß sofort zurückgenommen wird und kontinuierlich weniger wird, aber trotzdem bis zum nächsten Tonanstoß gehalten wird.

Die folgende Grafik veranschaulicht die zeitliche Entwicklung des Tones:

Der idealtypische Jagdhornton

 

Wie unterscheidet man nun p (piano) und f (forte)?

Für ALLE Lautstärkestufen gilt dieses Prinzip des „idealtypischen Tons“. Bei einem p ist das Lautstärkemaximum entsprechend niedriger, die leisen Sequenzen müssen NOCH leiser geblasen werden als beim mittellauten Ton. Analog darf die „leisere“ Phase beim sehr lauten Ton aber auch lauter geblasen werden.

 

Wie unterscheidet man nun legato (breit geblasen) und staccato (kurz geblasen)?

Auch hier gilt: Für alle Abstufungen zwischen legato bis staccato gilt dieses Prinzip des „idealtypischen Tons“.

Beim legato wird (darf) die leisere Phase des Tones deutlicher (d.h. etwas lauter) geblasen werden, beim staccato wird das Lautstärke-Minimum schon kurz nach dem Anblasen wieder erreicht (darf sogar quasi ohne Ton sein). Ganz wichtig ist es aber das Stoppen des Tones mit der Zunge („ft“) zu vermeiden – und das in jedem Tempo (6/8-Fanfaren!!!). Dies würde sonst zum typischen „Hühnergegackere“ führen.

Der folgende Grundsatz gilt immer: am Anfang des Tones ist dieser immer am lautesten und wird danach immer leiser! (Ausnahme: crescendo auf dem Ton) Dies alles darf nie verkrampft oder mit Kraft versucht werden, sondern muss immer mit Lockerheit geschehen.

Am besten lässt sich dies mit den „Übungen und technische Studien für Parforcehorn“ (vor allem unter Nutzung der CD) von Wilhelm Bruns üben.

Zur weiteren Vertiefung verweise ich auf den Aufsatz „Der Weg zum guten Ton“ von Dr. Peter Neu auf

http://parforcehornmusik.de/index.php/jagdmusik/allgemein/der-weg-zum-guten-ton

Dort sind noch weitere „Rahmenbedingungen“ erläutert.

Gruß und © Martin

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