Der Hornbrief Dezember 2022 - Kooperation zwischen Bläsergruppen
Ich freue mich sehr über diesen Gastbeitrag einer guten Freundin Elizabeth Lamberts, die in diesem Jahr eine neue Jagdhornbläsergruppe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen mitgründete (die bisherige Gruppe der Kreisgruppe existiert weiterhin). Angeregt von den Erfahrungsberichten von Kooperationen bei der diesjährigen Hornmeistertagung des Bayerischen Jagdverbands erzählte sie mir von ihren diesbezüglichen Erfahrungen. Hier ihr Bericht und Anregungen:
(Martin Geyer)
Kreative Wege für Jagdhornbläsergruppen: Zusammen nach vorne! (von Elizabeth Lamberts)
(Bemerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint.)
Die Corona-Pandemie hat uns alle getroffen. Trotzdem haben viele Jagdhornbläsergruppen weiter geprobt und Auftritte wahrgenommen. Gespräche auf der Hornmeistertagung des bayerischen Jagdverbandes im Oktober haben erfreulicherweise bestätigt, dass es trotz Corona viele Bläser gibt, die nach wie vor eine Freude am Jagdhornblasen und im Musizieren in der Gruppe haben.
Auf größeren Veranstaltungen, wie z.B. der Jagdmesse auf Schloss Grünau oder bei regionalen Hubertusmessen erlebt man echte Begeisterung für das Jagdhornblasen und sieht viele Bläser die gerne mitmachen. Nicht selten trifft man auch Jäger- und Jagdinteressierte, die meinen, sie würden gerne selbst Jagdhorn blasen.
Bei aller Begeisterung auf solchen Events schwingt für Manche leider eine gewisse Enttäuschung mit. Wenn es so viele engagierte Bläser gibt, fragen sie sich, warum ist unsere Gruppe noch so klein? Warum können wir nicht häufiger oder in größerer Gruppe auftreten?
Mich beschäftigen solche Gedanken seit diesem Sommer, als wir eine neue Jagdhornbläsergruppe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen gründeten. Gespräche bei der BJV-Hornmeistertagung haben mich zum Nachdenken motiviert, wie man Gruppen wie unsere verstärken könnte.
Wo liegt das Problem?
Viele Jagdhornbläsergruppen klagen über zu wenige (neue) Mitglieder. Was bedeutet das konkret für diese Gruppen?
- Auftritte sind schwer zu planen, wenn nicht ausreichend Bläser pro Stimme verbindlich zusagen.
- Spontane Termine, insbesondere Beerdigungen können nicht immer wahrgenommen werden.
- Wenn altgediente Leistungsträger sich aus der Gruppe verabschieden, schlägt es negativ auf die Motivation und manchmal sogar auf die musikalische Qualität der Gruppe.
- Handelt es sich dabei um den musikalischen Leiter, droht der Gruppe sogar das Aus.
Ferner läuft man Gefahr, dass Gruppen, die klein bzw. „isoliert“ sind zu lange deren eigenen Suppe kochen. Ohne neue Zutaten könnte der Suppe drohen, etwas fad zu schmecken. Mit einer faden Suppe im Angebot tut man sich schwer neue Mitglieder zu gewinnen!
Was ist die Herausforderung?
Wie können kleine bzw. „isolierte“ Gruppen Anschluss finden, um eine positive Entwicklung und Wachstum zu sichern?
Oder wenn ich die Frage persönlicher formulieren dürfte: Wie kann unsere kleine neue Gruppe - gefühlt etwas isoliert - in einem sehr weitläufigen Landkreis aus dem großzügigen bläserischen Talent in unserer Region schöpfen?
Ich sehe dafür ein paar möglichen Ansätze:
(1) Gemeinsame Auftritte
Wenn eine Gruppe zu klein zum Auftreten ist oder ein Auftritt mehr Bläser fordert als man hat, könnten zwei oder mehr Gruppen sich zusammenschließen. Ein Beispiel aus eigener Praxis:
Wir haben uns riesig gefreut als wir zum Auftreten am ersten Murnauer Christkindlmarkt seit zwei Jahren eingeladen worden sind.
Jedoch bei der Vorstellung nur zu sechst draußen auf der großen Bühne zu spielen, stand die Gruppe kurz vor einer Absage. Dann kam der Vorschlag mit der benachbarten Gruppe aus Schongau gemeinsam aufzutreten. Wir haben deren Interesse kurz abgecheckt und in einem ersten Gespräch schnell eine Liste Stücke ausgesucht, die beide Gruppen kennen.
Wir haben zweimal zusammen geprobt; engagierte Mitglieder fanden dafür geeignete Räumlichkeiten die zwischen den beiden Gruppen liegen. So musste niemand zu weit fahren, und wir trafen uns auf „neutralem“ Grund.
Wie zu erwarten gab es tatsächlich einige Irritationen am Anfang, wenn anders als üblich geblasen wurde (und ja, der Spruch „so haben wir das immer“ bzw. „so haben wir das nie gemacht“ fiel mehr als einmal.) Dazu haben wir erfahren, wie wichtig Noten sind, auch wenn vorwiegend auswendig geblasen wird. Denn mit einem Blick in die Noten konnten wir bestimmte Stellen besprechen und intensiver üben. Bald kam die erste positive Erkenntnis: Zusammen haben wir einen super Klang!
Spätestens bei der zweiten Probe wurden wir miteinander warm; vielleicht lag es auch daran, dass unser zweiter Probenraum, im Gegensatz zum ersten, beheizt war! Die Probe verlief entspannter und es machte Spaß, andere engagierte Bläser näher kennen zu lernen. Und neben anderen zu blasen brachte eine positive Spannung in die Probe. Erfreulich war auch die Bereitschaft einiger, eine andere Stimme als die übliche zu blasen, so dass in der größeren Gruppe der Gesamtklang stimmte. Ich glaube, dass wir eine Bestätigung für das gespürt haben, was man in den jeweiligen Gruppen bereits erarbeitet und geschafft hat. Wir freuen uns sehr auf den gemeinsamen Auftritt am 11. Dezember auf dem Christkindlmarkt in Murnau.
(2) Verstärkung durch einzelne Bläser
Wenn einzelne Stimmen in einer Gruppe unterbesetzt sind oder wenn ein wichtiger Bläser ausfällt, können einzelne Bläser aushelfen. Hierbei könnte es um Bläser aus Nachbargruppen handeln oder sogar Blasmusikanten die nicht regelmäßig Jagdhorn blasen, das Instrument aber soweit beherrschen, dass sie mit wenig Üben einsatzfähig sind. Viele Gruppen machen von dieser Möglichkeit seit Jahren Gebrauch.
Auch wir haben das bereits in unserer neuen Gruppe gemacht. Da ein Gruppenmitglied bei der Hubertusmesse leider ausfallen musste, haben wir einen Blasmusikant gebeten bei uns mitzublasen. Der talentierte Trompeter hat in früheren Jahren bei anderen Gruppen Jagdhorn mitgespielt, und bekam die Noten und ein Horn zum Üben von uns ausgeliehen. Wir haben kurz vor der Messe zu zweit die kritischen Stellen zusammen geblasen, und er kam zur Generalprobe in der Kirche. Fazit: Die Abwechselung hat ihm Spaß gemacht und er war eine Bereicherung für unseren Auftritt.
Wie kann man solche Kooperationen fördern?
Die Schritte zu einer erfolgreichen Kooperationen sind fast offensichtlich. Trotzdem fasse ich sie kurz zusammen, so dass sie durchdacht und geplant werden können.
(1) Kontakt mit benachbarten Gruppen und einzelnen Bläsern aufnehmen – noch bevor es brennt!
Wie baut oder ggf. frischt man sein Bläser-Netzwerk auf? Eine Anlaufstelle könnte die Liste des BJV Team Bläserwesen mit Postleitzahl, Ort und Kontaktinformationen sein. Des Weiteren kann man Kontakt zu Musikschulen und Blaskapellen aufnehmen. Dort findet man nicht selten Bläser die andere Jagdhornbläsergruppen kennen oder selbst Erfahrung mit dem Jagdhornblasen haben und gerne aushelfen. Dann heißt es Kontakt aufnehmen und sondieren, inwieweit Interesse auf eine Kooperation besteht.
[Anm. Martin Geyer: in Mittelfranken wurde eine WhatsApp-Gruppe aufgemacht unter Leitung des mifrä. Bläser-Obmanns, die neben Informationen durch den Obmann genau für eine solche unverbindliche Kontaktaufnahme und Anfrage nach Aushilfe gedacht ist]
Traditionelle Veranstaltungen und Auftritte wie Jagdmessen und Hubertusmessen sind gute Anlaufstellen um Kontakte zu knüpfen. Beim Kennenlernen gleich ein gemeinsames Musizieren ansprechen und nicht vergessen, trotz Trubel und Aufregung Kontaktdaten auszutauschen! Nicht zuletzt könnte man die jährlichen BJV Es- und B-Horn Seminare in Beilngries dazu nutzen um Kontakte zu knüpfen oder wieder aufzufrischen.
Solche Kontaktaufnahme hört sich eigentlich selbstverständlich an. Aber wenn es anderen Hornmeistern so wie mir geht, gilt es auch über seinen Schatten zu springen, um Kontakt mit womöglich wildfremden Leute aufzunehmen. Vielleicht geht es einfacher, wenn man sich vorstellt, der andere wird sich genauso auf die Möglichkeit einer Kooperation freuen wie man selbst!
[Anm. Martin Geyer: auch wir pflegen im Bereich Nürnberg seit Jahren den selbstverständlichen Austausch und die gegenseitige Aushilfe zwischen den Bläsergruppen. Dieses ist im Lauf der Jahre zur Selbstverständlichkeit geworden, Ressentiments gibt es hier keine!]
(2) Für gemeinsame Stücke im Repertoire sorgen
Viele Gruppen blasen klassische, weit bekannte Jagdstücke. Darüber hinaus gibt es auch neue Stücke, die zur freien Verwendung durch den BJV freigegeben sind. Die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen oder das Einspringen von Aushilfen geht leichter, wenn eine Liste gemeinsamer Stücke erarbeitet wird, die in den Gruppen immer wieder geprobt werden. So könnte man gemeinsame Auftritte kurzfristig ansetzen. Ein zusätzlicher Bonus: unsere Gruppe hat ein paar spannende neue Stücke bei der anderen Gruppe entdeckt, die wir gerne für den Auftritt einstudiert in unserer Repertoire aufgenommen haben!
(3) Gemeinsam proben
Gemeinsame Proben sorgen nicht nur für gelungene Auftritte. Sie sind gut für die Motivation, da Bläser sich auf die kommende Abwechselung und Austausch freuen. Sie sollten von den Hornmeistern gut abgesprochen und vorbereitet sein, um einen harmonischen Ablauf zu sichern. Unterschiedliche Spielweisen können auftreten – z.B. wenn eine Gruppe ein Stück bedeutend schneller oder langsamer bläst. In so einem Fall könnte man das Stück schneller und langsamer blasen und zusammen besprechen, welche Version der Gruppe besser gefällt. Auch wenn nicht jeder mit dem endgültigen Tempo zufrieden ist, ist es für die meisten interessant zu erfahren, wie altbekannte Stücke anders gespielt werden können.
[Anm. Martin Geyer: ganz typischerweise wird ein Stück immer als zu schnell oder zu langsam geblasen empfunden, wenn es nur vom eigenen gewohnten Tempo abweicht! Falsch ist weder das eigene noch das Tempo der anderen Gruppe!]
Fazit: Werden wir zusammen stärker?
Es wäre interessant herauszufinden, in wie weit wir uns gegenseitig als Gruppen oder mit einzelnen „Aushilfen“ unterstützen können. Gibt es Gruppen oder Jagdhornbläser z.B. in München oder Augsburg, die bereit wären, „aufs Land“ für einen Auftritt zu fahren? Oder Bläser auf dem Land, die ggf. 40 oder 60 Kilometer fahren würden, um eine andere Gruppe zu unterstützen? Falls ja, wie finden wir einander? Spannender Gesprächsstoff für die nächsten Treffen in Beilngries!