Der Hornbrief - Mai 2018 - Vita von Charles Tyndare Gruyer
Er war einer der großen Jagdhornkomponisten, Charles Tyndare Gruyer, oder auch oft Tyndare-Gruyere benannt. Einer der mit Herz und Seele für das Horn lebte und all sein Engagement darin setzte. Viele Stücke sind uns (Parforehorn-) Bläsern von ihm bekannt, wie z.B das "A Cheval", der "Le Grand Veneur" oder der "La mort de Roland". Tyndare war für seine Zeit maßgebend, war modern in seinem Stil und pflegte das weiche Blasen (was damals durchaus nicht gebräuchlich war). Herausgegeben hat er ein Lehrbuch "Trompe de Chasse, Théorie et Pratique" und seine "Methode complete de Trompe de Chasse", die ein anerkanntes und modernes Lehrwerk seiner Zeit war, ergänzt mit einem großen Fundus seiner Werke.
Dieser folgende Bericht wurde geschrieben von Jacques Poncet, einem Musikwissenschaftler und Sonneur (Trompe de Chasse-Bläser), freundlicherweise übersetzt und uns zur Verfügung gestellt von Peter Aumann, Quakenbrück, einem Mitglied der Stapelfelder Parforcehornbläser.
Bericht über Tyndare Gruyer (1850 – 1936), Jacques Poncet
(Hier der Originalbericht in französisch von Jacques Poncet)
Der Name Tyndare ist unter Parforcehornbläsern zu bekannt, als dass man an seine berühmten Kompositionen erinnert werden müsste, mit denen er das Repertoire der Hornmusik bereichert hat. Aber bisher konnte nur wenig darüber gesagt werden, welch ein Mensch er war und welche Karriere er gemacht hat. Dank der Liebenswürdigkeit seines Enkels, Jaques Gruyer, der mir gerne seine Familienarchive geöffnet hat, bin ich nun in der Lage, die Figur dieser einzigartigen Persönlichkeit zu skizzieren.
Ein klangvoller Vorname
Sein Vater, Frédéric Gruyer, (1797 – 1875) hatte Lyon verlassen, um in Italien verschiedene Unternehmen zu gründen. Nach mehr als zehn Jahren, die politische Situation im Lande verschlechterte sich, kam er mit einer großen Familie mit acht Kindern zurück nach Lyon, um dort eine Seifenfabrik zu gründen. Seine zweite Ehe schloss er 1836 mit Marguerite Vallet. Aus dieser Ehe stammen fünf Kinder, von denen das jüngste, geboren am 4. April 1850, uns hier beschäftigen soll.
Warum dieser kuriose Vorname Tyndare? Sein Vater, Anhänger republikanischer Ideen, wollte seinen Sohn unter dem Vornamen von Barbés (einem umstrittenen Politiker, der inzwischen gefangen gesetzt worden war) beim Gemeindebüro anmelden. Der Beamte hat das abgelehnt und darauf verwiesen, dass das Gesetz nur Namen aus dem Nameskalender und bei Bedarf Vornamen von berühmten Menschen aus der Geschichte zulässt. Frédéric Gruyer war sehr belesen und suchte sich diesen Namen aus einer griechischen Legende heraus, um ihn seinem Sohn als Vornamen zu geben. Tyndare... das klingt schon wie eine Fanfare!
Eine schwierige Kindheit
Die Familie, hervorgegangen aus zwei Ehen, war keine besonders zusammenhängende Familie. Der Vater, von seinen Geschäften, in die er auch seine älteren Söhne einbezog, ganz in Beschlag genommen, konnte kaum Einfluss auf seine jüngeren Kinder nehmen. Die Mutter war von einer bigotten Sachlichkeit erfasst und zog ihre beiden jüngsten in einer Umgebung der Strenge auf. Von seinen zwölf Brüdern und Schwestern kannte Tyndare nur seinen sechs Jahre älteren Bruder Gustave. Von seinen Schwestern hat er erst in seinen späteren Lebensjahren einige kennen gelernt!
Da die Familie am Ufer der Rhone wohnte, spielte Tyndare oft am tiefen Hafen. Seine Mutter beobachtete ihn dabei vom Fenster aus. Eines Tages, er war sechs oder sieben Jahre alt, fiel er ins Wasser und war schon ein Stück abgetrieben, ohne dass es jemand bemerkt hatte. Die Waschfrauen, die flussabwärts arbeiteten, zogen ihn leblos aus dem Wasser. Wie sie es immer machten, hängten sie auch Tyndare an den Füßen auf, um das Wasser herauslaufen zu lassen. Er kehrte ins Leben zurück – mit Typhus, durch das Wasser, das er geschluckt hatte. Davon gesundete er wieder. In der Folge musste er aber auf seine ausgeprägte Kurzsichtigkeit achten, die ihn sein ganzes Leben begleitete. Dieses Unglück sah seine Mutter als ein Zeichen des Himmels an und entschied, dass Tyndare Priester werden sollte. Nach kurzen Aufenthalten in diversen religiösen Einrichtungen wurde er ins „Petit Seminaire de Verrières dans la Loire“ geschickt. Dort erwarb er solide literarische Kenntnisse, entwickelte sich, nach Aussage seiner Mitschüler, zu einem guten Laienmusiker und hatte die Ausdrucksformen, die sich seine Mutter wünschte.
Bald darauf fand er in das Zivilleben zurück und suchte eine Anstellung. Er war 17 Jahre alt. Es folgte das, was man heute eine „kleine Schufterei“ nennen würde: Aushilfslehrer, Büroangestellter, Sekretär bei der Universalausstellung in Lyon, Buchhalter in der Companie des Chocolats d’Orient, dann in anderen kommerziellen Unternehmungen. Zwischen zwei Anstellungen arbeitet er für seinen älteren Bruder. Der brachte ihn dazu, den Camembert in seinen Lägern wieder einzuführen.
Vom Militärdienst freigestellt, engagiert er sich stattdessen zu Beginn des Krieges 1870 in den „Mobile du Rhone“. Noch bevor er in den Spielbetrieb kommt, gefällt es ihm schon nicht mehr.
Eine seltsame Lektion
Als Musiker aus tiefster Seele, probiert er sich schon mit Leichtigkeit auf allen Blechblasinstrumenten. Mit 22 Jahren ist er Solist bei der „Fanfare Lyonnaise“. Inzwischen angesehen, bläst er das erste Horn in klassischen Konzerten. Aber immer ist er fasziniert von der Trompe de Chasse. Es erscheint ihm wert, diese zu erforschen, viel weiter und in mehr Varianten, als man es gemeinhin gemacht hat.
In der Zeit, um 1873, machte das berühmte Hornorchester des Frontier de la Barre eine triumphale Tournee durch ganz Frankreich. Tyndare unterstützte das Orchester bei seiner Durchreise durch Lyon und führte sich anlässlich eines Konzertes als brillanter Bläser ein, um Frontier damit um Unterrichtsstunden zu bitten. Frontier zuckte die Achseln, blies eine Fanfare und sagte zufrieden und hochmütig: „Sieh her, so macht man das!“
Im folgenden Jahr kam Frontier zu einem Konzert nach Lyon zurück. Tyndare stellte sich, in Erinnerung an die Lektion „theoretisch und moralisch“, die Frontier ihm freundlicherweise erteilt hatte, vor. Er nahm ein Horn und blies vor dem Künstler eine brillante Fanfare, sodass dieser seine Überraschung nicht unterdrücken konnte.
Nun setzte Tyndare ein Jahreseinkommen ein, um ein Horn zu kaufen und zu arbeiten, mit Hilfe von Anleitungen und Beratung seines Freundes Trolliet, Hornist an der Harmonie Lyonnaise und auch Bläser. In der Folge erkannte Frontier den Wert seines jungen Schülers und lud ihn ein, seinem Orchester beizutreten. Mit dieser Gruppe machte Tyndare einige Tourneen in Frankreich und Europa.
Hochzeit in Pantoffeln
Nach Aussage seiner Zeitgenossen erreichte Tyndare den Gipfel seines Könnens als Bläser im Alter von 25 Jahren. Sehr gesellig, machte er schnell Bekanntschaft mit den besten Bläsern und besonders mit den Brüdern Fontanay. Diese lebten auf großem Fuß auf ihrem Schloss von Bâchais in der Nähe von Grenoble. Es wechselten Festmahle und Jagden auf dem wildreichen Erbe. Sie konnten 60 Fanfaren und ein abendfüllendes Konzert blasen und dabei so manches Glas Bier trinken. Dort fand Tyndare die Inspiration für eine seiner berühmtesten Fantasien, „Les Échos des Alpes“ (Das Echo der Alpen).
Hier in Grenoble verbrachte Tyndare jedes Wochenende damit, seiner Cousine Marie Eugénie den Hof zu machen, die in der Nähe wohnte. Die Hochzeit wurde am 10. Juli 1877 gehalten. Nicht ohne Originalität, denn der Bräutigam erschien in Pantoffeln. Kurz vorher hatte er sich auf einem Fest, bei dem sein Junggesellenleben beendet wurde, eine Verstauchung zugezogen.
Die junge Familie ließ sich in Lyon nieder, aber nur für kurze Zeit. Ein verlockendes Angebot kam von der Streichholzfabrik Marseille, dort Leiter der Buchhaltung zu werden. Eine märchenhafte Stelle mit einem Einkommen von 10 000 Francs pro Jahr. Da hat er nicht gezögert, ebenso seine Frau.
Leider entwickelte sich das Geschäft schnell als faul und nach mehreren Versuchen fand Tyndare sich als Sekretär eines amerikanischen Geschäftsmannes wieder, der die Generalvertretung der Cristalleries de Baccarat erhalten hatte. Aber die Stelle war nicht so sicher. In dieser prekären Situation kündigte sich eine baldige Geburt an: am 12. Juli 1878 kam Charles Gabriel Gruyer auf die Welt. Er sollte der einzige Sohn bleiben und ebenfalls ein ausgezeichneter Bläser werden. Tyndare ließ keine Zeit vergehen und sammelte eine kleine Gruppe von Amateurbläsern in Marseille. Und sehr bald geht er abends mit seiner Frau zum Ende der Promenade des Prado und bläst bis zu vorgerückter Stunde alleine oder zusammen mit einigen Freunden.
Eine entscheidende Begegnung
Es war für ihn jedoch nur ein Zeitvertreib, der ihm doch plötzlich die Tür zum Erfolg öffnete. Eines Abends verließ der Besitzer einer Villa in der Nachbarschaft sein Haus um ihn zu beglücken, indem er ihn auf ein Glas Champagner einlud. Dabei fragte er Tyndare, ob er ihm und einigen Freunden Unterricht auf der Trompe de Chasse geben würde. Etwas zögerlich nahm Tyndare den Vorschlag an, brachte er ihm doch unverzichtbare Einkünfte ein. Besonders durch das Wohlwollen dieses Mannes, des Comte de Sabran, kam er in Kontakt mit den Großbürgern von Marseille. Sein musikalisches Talent, sein Geist und sein Talent zu plaudern, sicherten ihm einen unerwarteten Platz.
Durch seinen Anstoß gründete sich 1880 die Saint Hubert de Provence, eine Gesellschaft, von deren Leitung er sich Einkünfte versprach. Es ist der Anfang einer sehr aktiven Periode, in der es ihm auch wirtschaftlich gut ging. Zum Honorar für Hornunterricht kamen die Anteile am Verkauf von Instrumenten und Zubehör. Er nahm auch an großen Saujagden teil, die er auf l’Esterel, dem Anwesen des Geschäftsmannes Félix Martin organisierte. Er lernte die besten Bläser aus Paris kennen. Das ist auch eine Folge von Konzerten und Festivals.
Für die Saint Hubert wird 1883 ein geistliches Konzert in der Kapelle Notre-Dame von Neiges, einem Vorort von Marseille, organisiert. Dort keimte bald die Idee, eine Messe für Parforcehörner zu komponieren. Aber Tyndare ist immer besorgt um den Rat von Autoritäten. So schreibt er an den berühmten Professor für Horn, Normand, Autor einer allgemein anerkannten Hornschule. Die Antwort, datiert vom 12 Oktober 1883, fällt so aus, dass sie die besten Vorsätze zunichtemachen kann. Für Tyndare, immer bereit, sich auf etwas zu stürzen, erzeugt diese Antwort einen gegenteiligen Effekt. Es genügen ihm drei Wochen die Messe St. Hubert zu komponieren und aufzuführen und damit löst er Begeisterung aus. Eine andere Komposition bewahrt ebenso das Andenken an die Jahre in Marseille: Die „L´Ile Verte“ (Die grüne Insel), die an das liebenswerte kleine Inselchen erinnert, das sich auf der Höhe von Cap de l’Aigle, in der Nähe von Ciotat, erhebt.
Die Buchhaltung des Südens
Aber die Euphorie fällt schnell wieder in sich zusammen. Im folgenden Frühjahr überzieht eine schlimme Choleraepidemie Marseille. Tyndare flüchtet mit Frau und Kind in die Nähe von Grenoble zu seinen Verwandten. Dort hilft er bei den Arbeiten in der Landwirtschaft. Er trifft auch wieder die Bläser aus der Region und bringt seiner Frau das Hornblasen bei. Zurück in Marseille, sind auf einmal alle Risiken weit weg. Er träumt davon, sich auf eigene Rechnung selbständig zu machen, denn seine vorherigen Anstellungen hatten keinen messbaren Erfolg. Mit seinem Freund Amédée Chaix gründet er ein Buchhaltungsbüro. Er führt ein einfaches System für Aufzeichnungen, ganz nach dem Geschmack der Unternehmen, ein. Unter dem Namen „Automatische Buchhaltung“ wird 1885 ein Patent erteilt. Eine Bearbeitung durch die „Comptabilité Soleil“ wird 1894 eine Silbermedaille auf der internationalen Ausstellung in Lyon und 1900 in Paris erhalten. Der Verkauf von Buchhaltungstabellen sichert ihm sein Leben lang ein beträchtliches Einkommen.
Das ist alles nur Broterwerb. Für den rastlosen Tyndare sind die Musik und das Horn der wahre Grund zum Leben. Nicht zufrieden damit, große Werte mit seinen virtuosen Werken geschaffen zu haben, bildet er zahllose Schüler aus, komponiert Fanfaren, über 20 Konzertstücke, stellt eine erste Sammlung von Noten von zweistimmigen Stücken zusammen.... das ist die Zeit, in der man den Vornamen Tyndare hört und der zu einem wirklichen Synonym wird, das ihn in Zukunft bis an sein Lebensende begleiten wird.
Arbeit als Komponist und Redakteur
Im Jahr 1887 sieht man ihn fleißig an der Vorbereitung für seine Méthode de Trompe (Hornschule) arbeiten. Mehr als 15 Jahre lang sammelt er Notizen und Bemerkungen aller Art. Nun kommt der Zeitpunkt, eine Kampagne zu starten, Noten zusammenzustellen, damit sie mit Genehmigung der Autoren, oder derer, die die Rechte halten, vervielfältigt werden können. Das macht schnell Wirbel in der Fachwelt. Die einen applaudieren, die anderen, wie z.B. die „Virtuoses de la Chasse“ aus Toulouse sehen eine gute Gelegenheit, bekannt zu werden.
Durch den Drucker und Verleger Firmin Didot, mit dem Tyndare zusammen arbeitet, erhält er die Unterstützung der Zeitschrift „La Chasse Illustrée“ womit gewöhnlich eine große Öffentlichkeit erreicht wird, weil auch die Angebote der Hersteller für Hörner, Périnet, Raoux und andere darin zu finden sind. Beim Verkaufsstart im März 1889 ist die Erstausgabe von 350 Exemplaren bis zum Ende des Jahres ausverkauft. Weitere Ausgaben in den folgenden Jahren haben den gleichen Erfolg. Alle sagen nun, dass die vorangegangenen Handbücher, solche von Tellier, von Frontier und selbst die von Normand, nicht mehr dem Bedarf der Bläser entsprechen. Die Initiative von Tyndare kam im rechten Moment und erzeugte große Aufmerksamkeit.
Tyndare kümmerte sich nicht um seine Lobredner. Neben der Saint Hubert de Provence, die er weiter dirigierte und weiter entwickelte, schuf er die Rallye Provence. Sein Ansehen vergrößerte sich immer mehr. Man rief ihn dazu auf, einen Sitz in der Jury bei Musikwettbewerben anzunehmen, die sich in dieser Zeit sehr ausweiteten. Das tut er nur bei einem Wettbewerb in Grenoble im Jahr 1893, auf dem Rückweg zu dem Erbhof, von dem seine Familie einst kam. Auf Bitten der Organisatoren komponierte er das erste seiner großen Wettbewerbsstücke, "Les Allobroges". Über zehn Vereine nahmen teil. In der Brust derer, die auf dem letzten Platz gelandet waren, staute sich der Groll auf, bis zu dem Punkt, da die Bläser die Gewinner aufforderten, die Jacken auszuziehen, um die Frage auf einer benachbarten Wiese mit den Fäusten zu klären.
Eine Freundschaft ohne Brüche
Einer unter seinen Geschäftspartnern war ein lustiger Freund: André Capron. Auf den ersten Blick, das totale Gegenteil von ihm. Tyndare war von kleiner Figur, trocken und nervös, ein „Vulkan“, wie seine Mutter sagte, um seinen Charakter zu unter-streichen, impulsiv und überschwänglich. Capron war ein imposanter Koloss, ein ruhender Berg, kontrolliert und überlegend. Aber Gegensätze ziehen sich an und so führte diese Freundschaft Tyndare zu einem neuen Leben hin.
Capron heiratete 1890 die Witwe eines reichen Bankiers. Die Gruyers wurden in die luxuriöse Villa nach Cannes eingeladen, wo eine kosmopolitische Elite verkehrte. Tyndare erhielt sogar das Vorrecht, die Aufmerksamkeit des Großfürsten Nikolaus von Russland zu erregen. Der schlug ihm vor, Mitgliedern seiner Garde Unterricht zu erteilen. Aber die Caprons, die eine Gelegenheit suchten, der Hitze in den Sommermonaten zu entfliehen, nutzten die Möglichkeit auf das Schloss Passins in der Isère, in der Nähe von Morestel zu ziehen. Sie kauften das Schloss 1893 mit einer zugehörigen Domäne von 260 Hektar. Dafür wurde ein Verwalter gesucht. Tyndare konnte nachweislich dem Druck seines Freundes nicht lange standhalten. Außerdem kam er dadurch seinem Erbhof Dauphiné näher. So wurde er, der Stadtmensch, aus Überzeugung zum Landmann.
Sein Mut überstand alle Prüfungen, physisch und moralisch. Er konnte außerdem auf seine aktive und arbeitsame Frau zählen. Seine Rolle war klar bestimmt: den Zukauf aufwerten, damit Capron mit den Arbeiten am Schloss und seiner Unterhaltung einen guten Eindruck machen kann. Diese Aufgabe erfüllt ihn bis 1894. Das Repertoire für Hörner soll auch noch um eine weitere der großen Kompositionen erweitert werden: Le Chateau de Passins (Das Schloß von Passins).
Zurück in die Stadt
Obwohl beachtliche Ergebnisse erzielt wurden, gab es immer wieder Ärger, weil die Einkünfte für den Bedarf des Schlosses nicht ausreichten. Neben anderen Gründen drängte ihn das, dem „Exil“ auf dem Lande nach gut 15 Jahren ein Ende zu setzen. Bestimmt hat er nie aufgehört, Beziehungen zu allen Bläsern in Frankreich und Navarre zu unterhalten. Eine umfangreiche Korrespondenz ist erhalten geblieben und zeugt davon. Oft wurde er auf einen Sitz oder den Vorsitz einer Jury auf Wettbewerben berufen. Der Kauf eines Autos erleichterte ihm den Ortswechsel. Zu zahlreichen Gelegenheiten wurde er von sich neu bildenden Gruppen und Gesellschaften um Rat gefragt. Ein bisschen hatte es auch damit zu tun, dass solche Beratung die Bedeutung der Gruppe erhöhte. Aber für dieses Temperament von überschäumender Aktivität bleibt das Stadtleben unersetzlich.
Im Jahr 1909 erfolgt die Rückkehr nach Lyon. Der Verkauf seiner Buchhaltungstabellen hält an und sichert ihm das Einkommen. Er erweitert es durch die Rolle eines Beraters für die Buchhaltung des psychiatrischen Krankenhauses in Lyon–Bron, dessen Verantwortlicher einer seiner Freunde ist. Beachtlich ist, wie immer wieder seine Energien durch das Horn mobilisiert werden. Er beginnt mit der Gründung seiner ersten Rallye – Tyndare. Sein Sohn Charles, geformt durch sein Vorbild, ist natürlich auch dabei. Am 15. August 1913, sein Sohn befindet sich auf Hochzeitsreise in der Auvergne, zögert der Vater nicht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, damit beide als Richter in einem Wettbewerb fungieren können. Diese Anekdote bezeugt die hohen Ansprüche des Meisters, auch seine Strenge in Sachen der Pünktlichkeit eines rigorosen Musikers.
Einige Monate später führt er mit seiner Frau eine große Tournee nach Paris und die Niederlande durch. Überall wurde er von Waidmännern und Jagdmusikern triumphal empfangen.
Dann gibt es einen großen Schnitt durch den „Großen Krieg“ (1. Weltkrieg) Es ist jetzt nicht die Stunde, Festivals mit dem Klang des Hornes zu veranstalten. Tyndare arbeitet nicht mehr viel mit seinem geliebten Instrument. Es ist nicht die Frage, die Lippen „rollen“ zu lassen. Die Rallye-Tyndare steht vor dem Problem, dass die meisten ihrer Mitglieder abwesend sind. Der Unterricht wird weiter verfolgt. Im Gegensatz dazu ist es die Kaserne Part-Dieu nahe seiner Wohnung, die an seine Tür klopft, um einen Unterricht für die Unteroffiziere der Militärmusik aufzubauen. Als endlich der Sieg kam, wurde dieser bei seinem Sohn gefeiert, mit Fanfaren mit Klavierbegleitung.
Horn und Saiten in der Rallye-Tyndare
Das ist nichts Neues. Zu Beginn seiner Karriere hat Tyndare nicht bedacht, dass das Horn ein eigenartiges Instrument ist und sein Repertoire nicht austauschbar mit anderen. Sicher hat er den jagdlichen Stil perfekt dargestellt – eine große Zahl seiner Werke sind dafür ausgezeichnete Beispiele – aber er weiß, dass es auch andere Arten der Musik gibt und dass das Horn mit anderen Instrumenten zusammen spielen kann. Seiner Anfangsformation von Hornisten war diese Art nicht fremd. Denn zu seiner Ausbildungszeit, zwischen 1865 und 1870, war das Waldhorn noch nicht sehr verbreitet und man benutzte weitgehend das Naturhorn, in dem man die Töne stopfte, die nicht als Naturtöne erklangen. Es war trotzdem verlockend für ihn, den Bereich der Hörner zu erweitern, soweit sie nur Naturhörner in der Stimmung D waren.
Im Jahre 1919 organisiert er zusammen mit seinem Sohn eine Reihe musikalischer Vorstellungen, die man „Cors et Cordes“ (Horn und Saiten) nannte. Darin waren vereint die Trompe, eine Blechbläsergruppe, Violine, Violoncello, Contrabass, Piano usw. Eine Komposition, die diese Instrumente verbindet und „Idylle“ getauft wurde, wurde mit großer Sorgfalt aufgeführt. Aus dem gleichen Jahr stammt auch die herrliche „Invocation“ für zwei Parforcehörner und Orgel oder seine „Meditation“ für Parforcehorngruppe und Blechbläser. Das Parforcehorn erscheint auch immer öfter zusammen mit Gesang. Das ist eine Praxis, die Tyndare in langen Jahren immer mehr erweitert hat, da er sich immer mit Künstlern aus der Musikwelt aus Lyon zusammentat.
Dann, am 18. Februar 1921, erfolgt die offizielle Gründung Gesellschaft Rallye-Tyndare. Sie ist die Nachfolgerin der Gruppe, die sich vor 1914 formell gegründet hatte. Diese Gruppe von acht Bläsern vervielfältigte seine Leistung, um das Parforcehorn bekannt zu machen: in Konzerten, Vorträgen in Konservatorien, Abendveranstaltungen, Messen, Einführungsfeiern usw. oft auch im Wettbewerb mit Formationen wie dem Chor „Les Vieux Amis“ (die alten Freunde) und berühmten Sängern wie Mme Vial oder Monsieur Bernasconi von der Oper Lyon.
[Tyndare komponierte auch einige Stücke für Horn mit Orgel/Piano, hier "L´Amazone"; Anm. d. Red.]
Familienkrach
Ein dunkler Schatten liegt auf dem Geschehen. Das Verhältnis zwischen Tyndare und seinem Sohn zerbröckelt. Unstet und mit angegriffener Gesundheit bringt dieser ihm nur Enttäuschungen bei. Der Meister sieht in ihm den einzig würdigen Interpreten seiner Werke, durch ihn zum Denkmal erhoben und den einzigen Erben seiner Kunst. Aber die zunehmende Abwesenheit bei Proben sind das Vorzeichen für peinliche Szenen, die sich in den nächsten 20 Jahren immer öfter wiederholen werden. Es war übertrieben, wie anspruchsvoll Tyndare sein konnte, wenn sein Sohn das Parforcehorn blies. Für den letzteren wiegt die imperiale, väterliche Autorität schwer und bindet. Es ist ein unmögliches Zusammentreffen, gewaltige Gewitter setzen Grenzen gefolgt von einem Hoffnungsschimmer, Reue und neuen Anfängen. Es würde zu weit führen, alle die Episoden zu wiederholen. Zwei Anekdoten reichen aus, um eine Vorstellung von dem Konflikt zu vermitteln.
August 1926: leidend und in Behandlung, bemühte sich Charles trotzdem mit der Rallye-Tyndare in einer Messe und einem nachfolgenden Konzert in den berühmten Grotten von la Balme (Isère) zu spielen. Weniger als eine Woche danach auch für ein Wochenende auf dem Sommerfest in Evian: den Sonnabend ein Konzert im Casino, dann auf einem Boot auf der Überfahrt nach Ouchy. Sonntags eine Messe um 10 Uhr, gefolgt von einem Konzert um 11.30 Uhr, eine Vorstellung nachmittags auf einer Hundeausstellung und eine abends auf einem Boot auf dem See. Tyndare strahlte natürlich aber sein Sohn war fertig.
24. September 1926: Die Rallye stellte sich bei einem abendlichen Konzert zusammen mit dem Chor von Lyon im Konservatorium vor. Keine Frage, dass man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen würde. Unnachgiebig ließ Tyndare seine Bläser bis Mitternacht proben. Man muss feststellen, dass die Regeln der Rallye finanzielle Sanktionen bei Fehlen ohne schriftliche Entschuldigung vorsahen. Verständlich, dass Charles um Nachsicht bat.
Der Verband
Vor der Gründung tauchen auch Bedingungen auf. Schon seit mehreren Jahren träumen die Bläser davon, einen Verband zu gründen. Sie möchten den Austausch erleichtern und Auswüchsen Einhalt gebieten, wie sie sich manchmal beim Parforcehorn zeigen. Sie werden von Gaston de Marolles angeführt, der beschlossen hat, dass Meister Tyndare, wegen seiner Autorität auf diesem Gebiet, notwendigerweise an dem Projekt beteiligt sein müsste. Letzterer hielt auf einem Vorbereitungskongress eine Rede, in der er seine Ideen erklärte:
„Einer der Gründe, warum es mit dem Parforcehorn keine Fortschritte gibt, liegt darin, dass die Vereine sich nur bei Wettbewerben treffen. Dort verteilen inkompetente Wertungsrichter zu Unrecht Medaillen und Diplome kreuz und quer. Ich sagte inkompetent. Sie waren nicht auf dem Punkt, wenn ich gesehen habe, wie Gruppen disqualifiziert wurden, nur weil sie einen jagdlichen Stil bliesen, diesen überragenden Klang des Parforcehornes.
Darum beglückwünsche ich die Organisatoren dieser Vereinigung. Sie ermöglichen uns, einen Verband zu gründen, dessen Aufgabe es sein wird, Regeln festzulegen, die Ausbildung zu vereinheitlichen und in der Folge die Fülle der Schönheit aus dem Parforcehorn zu wecken.
Wie der kraftvolle Ton aus der Tiefe des Waldes klingt, wie es den Gesang und die Violine unterstreicht, sich an die glänzende Harmonie der Orgel anpasst, immer verbreitet es Freude, macht ergriffen und bezaubert. Ich werde ihnen mit all meiner Kraft helfen. Diesen Winter, so hoffe ich, erscheint eine Ausgabe des Livre d’Or de la Trompe, (Goldenes Buch des Hornes) in dem ich die Entwicklung dieser drei Punkte vorschlage: Die Geschichte dieses edlen Instrumentes, wie sieht es heute damit aus, wie soll es in der Zukunft werden?
In der Vergangenheit gab es in den letzten 50 Jahren keinerlei Veränderungen in Paris. Da gibt es die Tradition der großen Bläser, die ich alle kenne. Da gibt es den jagdlichen Ton in Fanfaren mit gutem Ansatz, scharfen Absätzen, ausdrucksstark, immer ergreifend für Liebhaber des Horns. Aber manchen Zuhörer überkommt Langeweile. Sie können nicht anders, da sie immer den gleichen Stil spielen. Bei immer der gleichen Umgebung muss es manchmal professionell werden, damit man herausgehört und erkannt werden kann.
In der Provinz läuft das anders. Der eindrucksvolle Klang des Horns, der Klang der Jagd, das „tayaut“ (der wie ein langsamer Triller auf- und abschwingende Ton. d. Red.) zählen nicht, - leider- es gibt zu wenige Praktiker. Man beschränkt sich darauf, die Fantasien mehr oder weniger musikalisch und farblos zu spielen. Dem Leiter obliegt es dann, einem gut geschriebenen Stück noch eine gerechte Chance zu geben.
Der große Fortschritt, dem wir uns bei unseren Bemühungen zuwenden müssen, muss sein, diese Stimmen zusammenzuführen.“
Ernüchterung
Wie man sieht, träumt Tyndare von einer Trompe „totale“, bei der Jagd und Musik zusammenkommen, ohne anderes auszuschließen. Seine Sorge gilt der unaufhörlichen Suche nach Qualität. Aber fürs Erste hatte sein Appell kaum ein Echo. Wenig später schrieb er an Gaston de Marolles: „Meine Vorstellung war zunächst ein Verein, der durch seinen hohen technischen Wert und sein Repertoire nach Wahl, zu einer Keimzelle für andere werden sollte. Aber dieser Gedanke stieß, beim Treffen in Paris besonders, auf Gleichgültigkeit.“ Er beklagt sich andauernd darüber, dass die Verwaltungsaufgaben und die umfangreiche Korrespondenz zur Gründung eines Verbandes seine persönlichen Vorhaben behindern, insbesondere die Fertigstellung des Buches „Das goldene Buch des Hornes“. Nichtsdestotrotz ist er ein Mann, der nie aufgeben würde. Bald rückten die Dinge wieder in den Vordergrund mit Tyndare an führender Stelle bei der Gründungsversammlung des Hornverbandes (heute: FITF) am 15. Februar 1928. Tyndare wurde ihr erster Präsident.
Aber bald zogen dunkle Wolken auf. Im folgenden Jahr liefen Wettbewerbe in Orléans ab. Seine Hoffnung, das Horn mit seinen umfassenden Möglichkeiten in der Musik darzustellen wurden zunichte gemacht. Er beschrieb das in zahlreichen Briefen, von denen auch welche an den Leiter der St.-Hubert de Vesoul gerichtet waren.
„Ich habe immer eine einfache Prüfung bevorzugt, die diejenigen fördert, die beweisen, dass sie das Instrument freiwillig und nicht wie ein Hauptinstrument spielen. Sicherlich gibt es niemanden, der das Horn mit allen seinen Unberechenbarkeiten so liebt wie ich. Aber das liegt an den weitergehenden Möglichkeiten des Instrumentes, das so viel Anerkennung auf sich zieht.
Diese Frage bringt die „Heilkundigen“ (Etablierten) in ihrem Hauptquartier in den Kellern der Weinhändler in Paris in Verlegenheit.
Ich habe darauf gesetzt, dass der Verband notwendige Maßnahmen zur Sicherung der Zukunft der Trompe unternimmt. Wenn ich schon die Präsidentschaft angenommen habe, so müssen auch meine ersten Anweisungen befolgt werden. Aber das Regelwerk von Orléans (des Wettbewerbes), nach Aussage des Verbandes, ist das Gegenteil von dem, dem ich zugestimmt habe. Sehr schlecht, fast ärgerlich ist, dass ich zwei Preise von je 250 Frs ausgesetzt habe. Einen für das klassische Blasen und einen für das weiche Blasen. Diese wurden abgelehnt, da diejenigen, die weich blasen, nach der musikalischen Bewertung, jene, die diesen interessanten Teil unserer Kunst nicht ausüben, übervorteilen könnten. Also haben die Gruppen, die sich von Anfang an dem Verband im Vertrauen auf unsere Zusagen angeschlossen haben, ihren Beitrag zurück verlangt. Dafür habe ich heftige Proteste einstecken müssen und einige scheinen mich damit zusammenzubringen, dass diese formellen Versprechungen nicht eingehalten wurden.“
Das ist zu viel! Ging es noch an, sich über die Ausrichtung zu streiten, aber die einmal ausgegebene Sprachregelung dann zu leugnen... Tyndare war keiner der ihren mehr. Tyndare trat bald zurück. Weniger auf die musikalischen Aspekte des Horns achtend, er kümmerte sich überhaupt nicht um die Ausbildungsregeln, ersetzte Gaston de Marolles ihn in der Präsidentschaft.
Die letzten schlimmen Ereignisse
Der Schlag ist hart, aber der Meister ist noch nicht am Boden. Mit 79 Jahren, er macht alleine oder zusammen mit seiner Rallye weiter, verteidigt er seine Vision von der „Trompe total“. Im September 1929 macht er eine triumphale Tournee nach Biarritz, Bordeaux und San Sebastian in Spanien.
Das folgende Jahr wird durch den Tod seiner Frau bestimmt. Mit Einfühlungsvermögen und Selbstverleugnung hatte sie sich zwischen ihren überschäumenden Gatten und ihren zerbrechlichen und unschlüssigen Sohn gestellt. Unter Druck von hohen finanziellen Forderungen, forderte dieser sofort seinen Anteil am Erbe. Das vergiftete die Beziehungen von Neuem.
Im Januar 1932 reist Tyndare auf Anforderungen von Musikern an die Côte d’Azur ab. In Wirklichkeit erhoffen diese sich einen Vorteil von seinem notorischen Geltungsbedürfnis. Aber er, von dem Dämon Musik eingenommen, bewies seine erstaunliche Vitalität. Ohne weiteres nahm er Auftritte an der ganzen Küste an, in Nizza und Cannes, ohne auf sein Alter von 82 Jahren oder auf erste Anzeichen der Schwäche zu achten. Am 19. März, mitten in einem Konzert, traf ihn ein neuer Schlag. Er wurde Opfer einer Gehirnblutung, die ihn dahinsiechen ließ.
An sein Krankenbett gerufen, verbrachte Charles mehrere Tage in seiner Nähe, ehe er ihn mit nach Lyon nehmen konnte, wo er in einer Privatklinik aufgenommen wurde. Aber der Greis unterließ es nicht, sofort wieder Intrigen zu spinnen, die sich in der Vergangenheit immer gegen seinen Sohn richteten. Trotz seiner Schwäche rang er seiner Familie in Grenoble noch eine verpfändbare Unterhaltsverpflichtung für seinen Krankenhausaufenthalt ab. Das war am 12. Mai 1936, am Ende von vier langen Jahren.
Der letzte Gesang
Unter den späten Kompositionen fällt der „Chant du Soir“ auf. Komponiert im Oktober 1928 und seinem Freund Demiéville gewidmet, nimmt er noch sehr spät ein neues Thema auf. Es ist das vom „Cantique du Sonneur“ und stellt ein musikalisches Testament dar. Oftmals findet man in Tyndare einen illustren Bläser und Autor, der irgendeine Widmung in die Art und Weise, wie er das Parforcehorn bläst, legt. Es wird übersehen, dass er eine tiefe Bewunderung für das Wesen und die Klänge der Jagd hatte, „die Kreuzblume des Hornes“ wie er selbst sagte. (Abgeleitet vom Schlußstein eines gotischen Gewölbes). Übersehen wird auch, dass er nie aufgehört hat, sich in der Welt der Jägerei zu bewegen, um seine Vorstellungen voranzubringen, seitdem er ihnen freien Lauf ließ auf der Dauphiné seiner Jugend bis zum Bankett der Leutnants von Louvertie, an dem er noch im Alter teilnahm als ihn seine Krankheit schon niedergeworfen hatte.
Es ist genaugenommen der scharfe Verstand, der ihn an der Seele des Horns teilhaben ließ, der ihn trieb, die Reichtümer hervorzuholen, um sie als Geschenk der Musik zu nutzen. Sein größter Wunsch war es immer, am Glück draußen zu blasen, teilzuhaben. Jede Gelegenheit nutzte er zur Klage darüber, dass der Verband eine andere, begrenzte Sicht davon hatte: „Die Stellungnahme ist wenig durchdacht“, stellte er wenig später fest. Diese andauernde Liebe zum Horn ist im ganzen letzten Gesang erkennbar, den das Cantique du Sonneur darstellt. Die Form ist die der Fanfare - Refrain/Couplet/Refrain, im 6/8-Takt. Aber es ist eine weiche Fanfare, in Form eines Gebetes, eine wirkliche Synthese des Jagdhorns mit dem musikalischen Horn. Unter den zahlreichen Versionen, die Tyndare hinterlassen hat, (Horn- Orchester, Horn und Orgel...) war eine für Gesang und Horn mit einem Text, den er selbst gedichtet hat:
"Oh, du bezauberndes Horn, du hast mir die schönsten aller meiner Tage bereitet.
Für deine glücklichen Liebhaber, klinge weiter, klinge immer!
Zu meiner letzten Stunde soll mein allerletztes Gebet wie dein göttlicher Gesang sein, und mein Halt!"
Seit einigen Jahren steht im Programm einer CD für Hornmusik auf der Hülle „Cantique du Sonneur – Traditionel“. Wenn man eines der größten Werke des Meisters so in die Anonymität schiebt, könnte man darin eine Beschädigung seines Andenkens sehen. Aber ist darin nicht auch eine Bestätigung zu finden? Eine der schönsten Ehrungen, die ihm widerfahren kann, ist die, sich umfassend mit der Tradition des Hornes auseinander zu setzen.
Jacques PONCET
Übersetzung aus dem Französischen: P. Aumann, Quakenbrück
Das Werk von Tyndare "Methode complete de Trompe de Chasse" wurde herausgegeben als Reprint vom Verlag Editions Henry Lemoine, Paris, erhältlich für ca. 50 EUR bei verschiedenen Musikhändlern.
Gruß Martin Geyer