Gebrauch des Bb/Es Umschalthorns - Schalttechnik

Die Entwicklung des Bb/Es Umschalthorns als "universelles Horn" scheint auf den ersten Blick der Durchbruch in der Welt der Jagdhörner zu sein und erfreut sich auch sehr großer Beliebtheit, aber wie so oft hat die Medaille zwei Seiten.

Durch die Arbeit von Reinhold Stief und Hermann Neuhaus wurde die Entwicklung der Schalttechnik immer mehr propagiert, auch in der Neuen österreichischen Jagdmusik gerne übernommen.

Im Instrumentenbau fand das Anklang ca. 1960 bei Anton Meinl mit dem Kurpfälzer Ventil, aber auch bei anderen Herstellern wie Meister Dotzauer.

Kurpfälzer Ventil

Bläser (Norbert Breusch) mit von ihm
entwickelten Horn mit Kurpfälzer Ventil

 

Von der Idee ist die Geschichte recht plausibel. Durch das Ventil wird für die Es-Stellung ein Bogen bzw Wicklung zugeschaltet. Das Ventil gibt es in verschiedenen Bauweisen, zum festem Umstellen in b oder es oder auch mit Hebel wenn man während des Blasens umstellen will.

 

Umschaltventil mit Hebel

Umschaltventil mit Hebel in der Nähe der
Stürze Fa Syrhe, Leipzig

Umschaltventil permanent
oder mit Daumen

 

Dabei läuft der Lufstrom im Bogen meist entgegengesetzt wie  der Hauptstrom.  Da die Hörner bauartbedingt stark Kondenswasser bilden , müssen sie ständig über Wasserklappen oder -ventile entleert werden.

Man kann das Horn also

1) als reines B-Horn

2)  als reines Es-Horn

3)  als Es-Horn mit Tonerweiterung verwenden

 

Nun wir es Zeit einen tieferen Einblick in die "Parallelwelten" der beiden Hörner zu nehmen.

 

Horn in B-Stellung
Naturton #1 #2 #3 #4 #5 #6 #7 #8 #9 #10 #11
notiert c0 Ped c1 g1 c2 e2 g2 b2 c3 d3 e3 f3

 

Horn in Es-Stellung
Naturton (#1) #2 #3 #4 #5 #6 #7 #8 #9 #10 #11 #12# #13 #14 #15 #16
notiert C c0 Ped g0 c1 e1 g1 b1 c2 d2 e2 f2 g2 a2 b2 h2 c3

 

 

So, jetzt wird es reichlich kompliziert.

Prinzipiell klingt die Naturtonreihe B Horn eine Quinte höher als ein es Horn, weil es eben kürzer ist (2,70 vs 4,50).

Die Notation für das B Horn ist allerdings oktaviert (alto).  Es geht also erst eine Oktave nach unten und eine Quinte nach oben.

Daher resultiert  eine Quart nach unten . (Also minus 8 wegen alto plus 5 wegen Quinte  (es->b)  ist minus 4 ->Quarte nach unten)

 

Warum komme ich dann mit dem B Horn welches ja mit 2,70m kürzer ist  aud das Pedal G  also tiefer als mein Es Horn mit 4,50m, das nur zum Pedal G reicht?

Beim B Horn ist der 1 NT, der Pedal c ohne Probleme spielbar, beim Es Horn wird er nur von sehr wenigen Hornisten erreicht.

Das erklärt warum man mit dem B/es Horn noch auf das Pedal G (welches kein Naturton ist) herunterkommt. Der 1 NT in b liegt also etwas tiefer als der 2 NT auf dem es Horn, und der 1 NT in es (wäre das Sub Contra C)  wäre noch etwas tiefer, aber nicht erreichbar.

 

 Pedal c  c1  g1  c2  e  g2 a h c3 d e3
 Pedal g  g0  d1  g  h  d2 f2 g2 g2 a2 c3

 

 

 

Do kann man auf demHorn in B-Stellung Töne blasen, die auf der normalen es-Reihe nicht vorhanden sind.

Dies ist das Pedal G, das d1, das h1 und das reine f2 und reine a2 und h2

Die Töne g0, d2, g2,c3 sind sowohl geschaltet in b  wie auch ungeschaltet auf es spielbar

 

Allerdings ist der Klang bei letzteren geschaltet etwas anders, in der Regel dunkler und dünner  als nicht geschaltet. Das fällt aber nur beim genauen Hinhören auf. Mich als Pruristen stört das immens, aber es ist halt Ansichtssache.

Der Grund warum es anders klingt liegt darin das das B Horn eine ganz andere Obertonreihe als das Es Horn hat,

 

NotemB:Es

Diese Noten sind zusätzlich durch Schalten spielbar normalerweise auf es nicht vorhanden

Pedal-G, d1, h1, reines f2, reines a2, h2

Diese Noten sind sowohl in b wie auch in es Stellung spielbar:

g0, g1, d1, g2, c3

 

1) Verwenden der zusätzlichen Töne bei Stücken, die für Umschalthörner komponiert sind:

Diese zusätzlichen Töne (Pedal G, d1, h1)  werden in einigen Stücken vom Komponisten  verlangt. Meist steht das auch unter dem Titel "Für Umschalthörner in B/es".

Solche Stücke sind beispielsweise R. Stief "Trara, so blasen die Jäger" oder Anton Leisser " Echo der Wälder".

Um nicht ständig mit dem Ventil rumklappern zu müssen kann man die mit dem Kreuz gekennzeichnteten Noten einfach geschaltet liegen lassen, muss aber aufpassen, dass man beispielsweise beim e2 das Ventil löst. Aber mit nur etwas Übung hat man das schnell los.

 

 

 

Die Schalttechnik lässt sich nicht nur zur Wiedergabe der auf dem reines Es -Horn nicht vorhandenen Töne sondern  stellt auch eine

2) Hilfstechnik beim Treffen schwieriger Töne

dar. Da beim Parforcehorn in B die Töne weiter auseinander liegen trifft man beipielweise ein d2 auf B-Horn viel besser als auf Parforcehorn in Es. Der Ton kommt viel akkurater und sauberer.

Manche Sprünge z.b der Anfang vom Wanderliedchen lassen sich wunderbar spielen, wenn man das g0 schaltet und c1 ungeschaltet spielt. Die Töne bekommen auch dann einen sehr interessanten farblichen Charakterunterschied, der sich musikalisch gut macht.

Ein weiterer typischer Gewinn ist die Quinte g1-d2, geschaltet sehr leicht ausführbar.

Das g2 liegt bei ausgehaltenen Fermaten  geschaltet in der Höhe deutlich besser als ungeschaltet.

3) Eine Intonationshilfe in der oberen Oktave beim f2 und a2

Beim konzertanten Blasen ist man immer wieder mit Intonationsproblemen mit dem 11 und 13 Naturton konfrontiert. Der 11 NT, auch das "falsche Fa" genannt ist von der Natur her ein tiefes Fis, also zu hoch;  der 13 NT ist ein as, also zu tief. Man kann diese Schwierigkeiten durch Stopfen beim reinen Es Horn beheben, wenn man will oder bedient sich einfach beim Umschalthorn des Ventils. Daneben stimmt auch der 15 NT das h2  geschaltet besser.

Ist das Umschalthorn nun der Stein der Weisen ?  Meiner Meinung nach nicht.

Die Probleme gehen ja weiter wenn man tiefer in die Musik einsteigt. Bald werden Töne wie a1 gefragt sein, bald auch mal ein gis oder andere, dann muss man wieder die Hand in der Stürze benutzen.

So ist der Bläser mit dem Ventil noch nicht ganz zufrieden, er versucht noch mit seiner rechten Hand in der Stürze den Ton zu manipulieren. Dies ist nur dann möglich wenn der Schallbecher nicht zu mächtig wird und das Horn auch nicht zu schwer ausfällt.

Je größer die Windung des Hornes, je höher sein Gewicht, je enger der Pavillon und mächtiger der Schallkranz (Stürzendurchmesser) desto schwieriger wird das. Man wäre geneigt, an dieser Stelle doch noch ein zweites, oder auch drittes Ventil einzubauen, aber man muss doch unweigerlich zum dem Schluß kommen dass man hier dann doch eine Grenze überschreitet und die Entwicklung eindeutig in die falsche Richtung geht. Manch Bläser spricht von "grünen Trompeten"

Das Gleiche gilt für Inventionshörner bei denen noch ein Daumenventil für es/b eingeschaltet ist. Warum dann bitte nicht gleich ein sauberes Waldhorn. Mit solch einem Instrument macht man bestimmt keine Jagdmusik mehr, sondern ist im Opernhaus oder auf dem Tanzboden.

Bleiben wir doch einfach bei der konzeptionellen Authentizität der reinen Es  Horns und versuchen wir nicht aus dem guten, reinen und  traditionellen Horn ein Blasmusikinstrument oder Waldhorn, auch kein Inventionshorn, zu machen, dann dürften wir, zumindest meinem persönlichen Geschmack nach "horngerechter" liegen.