2017 10 AnsatzDer Hornbrief - Oktober 2017 - "Physikalische Parameter des Ansatzes bei Trompetern“ eine Zusammenfassung der Dissertation von Claus Huber

Hallo,

im Folgenden möchte ich die Erkenntnisse der Dissertation von Claus Huber (2007), „Physikalische Parameter des Ansatzes bei Trompetern“ besprechen. Huber macht in seiner Dissertation praktische Messungen des Ansatzes hinsichtlich Druck, Ton und Klangqualität bei Amateuren bis Profis.

Huber schreibt: „Die deutlichen Unterschiede der Messergebnisse zwischen Trompetern einzelner Ausbildungsstufen zeigen, dass der Aufwand für Druck und Durchfluss beim Trompetenspiel ein wichtiges Kriterium für Intonation und Klangqualität ist.“

Inhalt

Einleitung.

Wesentliche Erkenntnisse.

Physiologische Aspekte.

Die Faktoren des richtigen und mühelosen Blasens.

Der richtige Ansatz.

Die richtige Tonhöhe.

Physikalische Grundlagen.

Effizienz.

Hohe Drücke.

Übungen (exemplarisch)

Einleitung

Da der Ansatz ein zentrales Thema ist, lässt er sich unterschiedslos für unseren Jagdhornbereich übertragen.

Für uns heißt das: Grundvoraussetzung ist der richtige Ansatz; dieser wiederum ist die Voraussetzung für (bzw. ist) Intonation (Tonsauberkeit) und Klangqualität (ein Ton ohne Rauschen und Fremdgeräusche, ein klarer, nicht gepresster Ton). Durch die Messergebnisse, welche unerwartet hohe Drücke im Mundraum beim (sauberen) Blasen aufwiesen, weißt Huber außerdem nach, wie wichtig die Leistungsfähigkeit des Körpers auf die Qualität des Ansatzes ist.

Huber definiert den Begriff „Ansatz“ folgendermaßen:

„Der „Ansatz“ gilt als Sammelbegriff für Ausdauer, Tonumfang und Treffsicherheit eines Trompeters.“ Huber beschreibt den Ansatz durch den Druck im Mundraum und den Durchfluss durch das Instrument beim Trompetenspiel.

Leider gibt es nicht den einzig richtigen Ansatz, da Lippenform, -gewebe und Zahnstellung bei jedem Menschen unterschiedlich sind (sogar ein (leicht) seitliches Einsetzen des Mundstückes ist für manche Münder sinnvoll).

Wesentliche Erkenntnisse

Die wesentliche Erkenntnisse seiner Untersuchungen sind:

  1. Eine effiziente Nutzung der aufgewendeten Energie („müheloses Spiel“) resultiert aus dem richtigen Ansatz. Dieser ist in der Regel nur über Hilfestellungen eines Lehrers zu erreichen, der einem mit Tipps helfen kann die korrekte Physiognomie einzustellen (korrekte Verwendung und Einstellung von Lippen, Zunge, Rachenraum)
  2. Eine effiziente Nutzung der aufgewendeten Energie („müheloses Spiel“) resultiert aus dem exakten Erreichen (und Halten) der Lippenfrequenz zum gewünschten Naturton! Im Versuch mussten Amateur-Probanden die fünffache Energie im Vergleich zu Profis aufwenden für den gleichen (eher nur ähnlichen) Ton!
  3. Hohe (und saubere) Töne sind nicht (nur) mit (der richtigen) Technik zu erreichen, sondern benötigen auch hohe Drücke (im Mundraum), die nur über Üben und eine geeignete physische Konstitution erreicht werden können.

Physiologische Aspekte

Der menschliche Körper ist Teil des erzeugenden Mechanismus im Blechblasinstrument.

Unwillkürliche (automatisierte) Abläufe im Körper werden durch viel Übung erlernt oder verändert. Dabei kann der Musiklehrer den Schüler lediglich durch Hilfestellungen unterstützen.

Der wohl unwillkürlichste Prozess in diesem Zusammenhang ist die Bewegung der Lippen bei der Erzeugung eines Tones. Der Bläser muss seine individuelle Anatomie (Lippenform, Zahnstellung, Lippenspannung) letztendlich – nach allen Hilfestellungen und Ratschlägen – selbst erkennen, um den Tonumfang zu erweitern und die Klangqualität zu optimieren.

Wesentlich ist es für den Bläser einen möglichst freien Luftfluss herzustellen um die aufgewendeten Kräfte ökonomisch und konzentriert wieder freizugeben. Bei keinem anderen Blasinstrument ist ein so hoher Luftdruck notwendig.

Die Lippen erfüllen eine wichtige Aufgabe bei der Tonerzeugung. Sie übernehmen die Funktion eines Ventils, das durch abwechselndes Öffnen und Schließen den Luftstrom periodisch mehr oder weniger stark unterbricht.19 Je nach Randbedingungen (Spannung radial und frontal der Lippen, Luftfluss etc.) ändert sich die Eigenfrequenz dieses selbst schwingungsfähigen Gebildes.

Die Mundhöhle ist ein sehr wichtiges, veränderliches Resonanzorgan. Sie beeinflusst durch ihre stark verformbaren Weichteile (weicher Gaumen, Zunge, Lippen) die Klangfarbe der Töne und dient der Artikulation der Sprache, der Formung der Sprachlaute, der Vokale und Konsonanten durch Gaumen, Zunge, Lippen und Zähne. Da die Impedanz der Mundhöhle vor allem bei den Frequenzen der höheren Teiltöne nicht mehr vernachlässigbar klein gegenüber der Impedanz des Instruments ist, ist deren Beschaffenheit und Form der Mundhöhle für den Klang von Bedeutung.

Die Faktoren des richtigen und mühelosen Blasens

Der richtige Ansatz

In der Praxis – dies können sicherlich viele bestätigen – können manche Bläser einen (in Tonhöhe UND –lautstärke) gleichen Ton viel müheloser erzeugen als andere. In der Folge haben diese „besseren“ Bläser in aller Regel eine höhere Ausdauer und eine bessere Tonkultur. Es gibt also anscheinend eine „Effizienz“ beim Spielen (als Verhältnis zwischen aufgewendeter Energie und der Lautstärke (und Tonhöhe) als Ergebnis.

Wesentlich ist es für den Bläser einen möglichst freien Luftfluss herzustellen um die aufgewendeten Kräfte ökonomisch und konzentriert wieder freizugeben. .

Auf die richtige Lippenform ist zu achten um überhaupt auf saubere und höhere Töne zu kommen.

Leider ist es fast die Regel, dass Bläser im Jagdhornbereich kein Erlernen des Ansatzes unter fachlicher Aufsicht vermittelt bekommen, sondern es mehr über Nachmachen lernten. So ist es oft nur Glück, wenn der Bläser einen geeigneten Ansatz hat. Ein Umlernen eines jahrelang verwendeten Ansatzes bedarf hohen Aufwands und viel Disziplin unter guter fachlicher Aufsicht. Das Ziel muss daher vor allem sein, einem Bläser von vorneherein den richtigen Ansatz unter Aufsicht erlernen zu lassen. Dabei sollte durchaus auf Profis zurückgegriffen werden (einem Bläser, der sein Horn nur zum Blasen auf der Treibjagd verwenden will, mag man diesen harten Weg ersparen – diese mögen den einfachen Weg des Nachmachens wählen - und ggf. damit einen (leider) falschen Ansatz machen).

Die richtige Tonhöhe

Physikalische Grundlagen

Wesentlich ist für uns die Erkenntnis, dass beim Blasinstrument der durch die Lippen erzeugte Ton als „stehende Druckwelle“ die durch die Instrumentenwandung eingeschlossene Luftsäule ist. Damit diese Welle erzeugt werden kann muss die Länge der Luftsäule ein EXAKT ganzzahliges Vielfaches der Grundeinheit sein.

Die Exaktheit mit der wir dieses Vielfache (mit unserem Lippendruck, mit unserem Ansatz) treffen, bestimmt in hohem Maße die Effizienz unseres Blasens, sowie auch den Obertonreichtum unseres Tones. Das bedeutet auch, dass unser Ton vom Publikum nicht als flach, sondern als „voll“ empfunden wird. Dies multipliziert sich im gemeinsamen Spiel, wenn mehrere exakte Töne sich ergänzen und dadurch noch mehr Obertonreichtum erbringen. Das Publikum erlebt dies als „voll“, „harmonisch“. Hier ist die Summe der Einzelteile mehr als reine Addition!

Bei uns Jagdhornbläsern wird mit der Lippe diese Schwingung, unser Ton, erzeugt. Das folgende Modell veranschaulicht dies (Grafik: Claus Huber):

2017 10 Ansatz

Mit dem Andrücken der Lippen auf das Mundstück wird ein luftdichter Abschluss erzeugt. Mit dem durch die Stütze über die Lunge erzeugten Luftdruck wird Luft gegen die Lippen gepresst, bis dieser Druck schließlich größer ist als die schließenden Lippenkräfte. Durch das Entweichen des Druckes (als Druckwelle im Rohr) verringert sich der Druck wiederrum bis sich die Lippen wieder schließen. Und dieser Prozess wiederholt sich periodisch.

Wesentlich für einen wohlklingenden geräuscharmen Ton ist nun, dass unsere weiterhin erzeugte Welle synchron zur Welle am Rohrende ist. Ein stabiler Ton ist gebildet!

Am besten lässt sich dies testen bzw. üben, wenn wir unsere – alleine mit dem Mundstück erzeugten (ohne Horn!) - Töne mit dem Stimmgerät kontrollieren. Hier fallen am ehesten Abweichungen von der genauen Frequenz auf.

Effizienz

Was ist nun die Effizienz dabei?

Unter der Effizienz beim Blasen versteht man die Fähigkeit des Spielers, einen einzelnen Ton oder ein ganzes Musikstück mit möglichst niedrigen Druck- und Durchflusswerten zu bewältigen.

Wenn man die Effizienz anhand der aufgewendeten Leistung bewertet, ist das Ziel eines Trompeters, wenig Druck und Durchfluss aufzuwenden, um den Wert des Produkts daraus klein zu halten. Messungen ergaben dass ungeübte Musiker bis zu 5-mal mehr Leistung benötigten für die gleichen Töne!. Wenn Frequenz und Schallpegel exakt gleich sind, stellt sich die Frage, warum der andere (Anfänger-) Proband 5-mal mehr Leistung benötigt und wo diese Leistung „verloren“ geht, wenn alle Randbedingungen identisch sind. Die Antwort liegt in den Frequenzspektren der gespielten Töne.

Beim guten Bläser klingt der Ton hell und klar. Beim Anfänger dagegen zeigten sich keine scharfe Spitzen bei den Obertönen und eine hohe (Neben-) Geräuschkulisse. Der Ton klingt nicht rein, dunkel und ist nicht intonationsrein.

Der Anfänger hat seine Leistung nicht nur für den geforderten Ton mit seinen Spitzen bei der Frequenz der Obertöne verwendet, sondern auch für die Frequenzen dazwischen, welche den hohen Rauschpegel bewirken. So erreicht dagegen der Profi einen Ton ohne luftige Nebengeräusche und muss im Spiel zusätzlich weniger leisten, um denselben Ton zu spielen wie sein Anfängerkollege. Der Grund dafür ist die optimale Kopplung der Lippe des Profis mit dem Instrument. Die Lippe wird nur bei jenen Frequenzen angeregt, die der harmonischen Reihe entsprechen. Die Lippenschwingung wird dagegen beim Anfänger von Intonationsschwächen und fehlender Übung negativ beeinflusst.

Prinzipiell kann man dem nur vorbeugend durch Trainieren der Muskulatur und Tonübungen zur Senkung der Nebengeräusche entgegenwirken.

Vorbedingung ist hierzu natürlich in hohem Maßen, dass man seine Intonation (-sschwächen!) HÖRT!

Besonders Anfänger tendieren dazu, Töne permanent zu tief zu spielen. Betrachtet man den Mehraufwand auf Grund von Intonationsschwächen, so ist fast die doppelte Leistung notwendig, um denselben Pegel zu halten. Das Phänomen des künstlich veränderten Tones ist auch bei fortgeschrittenen Bläsern erkennbar. Erkennt das geschulte Ohr, dass die Intonation innerhalb eines Ensembles oder Orchesters nicht rein ist, reicht die Zeit für die Veränderung des Stimmzuges oft nicht aus und der Ton muss nach oben oder unten korrigiert werden. Das gleiche gilt für Instrumente, die in sich nicht stimmen – es müssen einzelne Töne ständig korrigiert werden.

Hohe Drücke

Nicht nur die richtige Technik ist unabdingbar, sondern für hohe Töne sind auch hohe Drücke notwendig.

„Wenn ein Proband einen hohen Ton, der viel Druck erfordert, nicht spielen konnte, so war auch der Maximaldruck unter dem Wert, der nötig wäre, exponierte Tonlagen zu erreichen. Das bedeutet, dass ein Trompeter mit Problemen in den hohen Regionen eventuell die erforderliche Kraft nicht entfalten kann. Interessant ist dies deshalb, weil das Programm der pädagogischen Lehre zwar physiologisch die „richtige“ Atmung behandelt, jedoch von Krafttraining absieht. Vollständigkeitshalber ist zu erwähnen, dass im Wesentlichen der notwendige Kraftaufwand bei erwachsenen Menschen normaler Statur erreichbar ist.“

Huber zeigt auf, dass dabei die Tonhöhe und Lautstärke die maßgeblichen Faktoren sind. Der Druck im Körper steigt mit zunehmender Tonhöhe und Lautstärke. „Diese logische und erklärbare Tatsache wird allerdings dann problematisch, wenn man einen lauten, tiefen Ton mit einem hohen, leisen Ton vergleicht. Es entstehen ähnliche und damit nicht eindeutig zuordenbare Messergebnisse. Deshalb wurde der Durchfluss durch die Trompete als weiterer Parameter eingeführt. Durch diese Zusatzinformation, dass der Durchfluss mit steigender Tonhöhe sinkt und mit steigender Lautstärke steigt, sind die Werte des Drucks und des Durchflusses zusammen eindeutig zuordenbar.“

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Grafik „Lippendruck und „Durchfluss““ (Martin Geyer)

Die Grafik veranschaulicht, ein Ton kann mit wenig Lippendruck und viel „Durchfluss“ (also viel Luftmenge) erzeugt werden, der gleiche Ton aber auch mit viel Lippendruck und wenig Luft. Kleiner „Nebeneffekt“ ist natürlich, dass mit viel Luft auch viel „Geräusch“ erzeugt wird (lauter Ton).

Fairerweise muss man an dieser Stelle sagen, dass das Ansatz und das Vermögen einen stabilen Ton zu bilden, zwar von der Spielpraxis abhängen, in hohem Maße aber auch von den anatomisch verschiedenen Veranlagungen der Lippenmuskulatur der Bläser. Hier hilft dann nur: Üben!

Übungen (exemplarisch)

Welche Übungen können uns nun helfen hier besser zu werden (exemplarisch, es gibt viele weitere Übungen):

  1. Für die Intonation:
  • Tonhöhen-Messgerät (Cleartune) verwenden, seine Töne messen. Stabile Töne versuchen zu halten.
  • Töne nur mit dem Mundstück intonieren und messen. Erst mit dem „Blasen“ von Tönen oder gar Musikstücken hört man wie genau man intoniert, man unterliegt dann nicht dem „regulierenden Einfluss“ des Blasinstruments, das eben nur unsere Naturtöne „durchlässt“.
  1. Für die Tonhöhe:
  • Lippenstellung, vor allem wird man mit einem zu „flach“ geformten Mund nie oder nur mit großer Anstrengung in die Höhe kommen. Ziel ist der „runde“ Mund ohne vorgestülpte Lippen, manchmal auch als das „süffisante“ Lächeln bezeichnet.
  • Mundhöhlengestaltung: So wie ein Bass-Sänger einen tiefen Ton nur mit großen, offenem Mund erzeugen können wird, wird uns das auch als Bläser nur damit gelingen. Entsprechend ist bei hohen Tönen der Zungenrücken immer nahe dem „Dach“ der Mundhöhle (wie beim Aussprechen eines „chhhh“).
  1. Für hohe (Töne und damit) Munddrücke:
  • Üben, üben, üben.

 

Gruß und © Martin

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